Krebs – Liebe – Punkt NULL
Aprilstimmung
Wieder einmal sitze ich im Taxi zur Chemo und schreibe.
Das sind meine 20 Minuten. Ich habe keinen Empfang. Keiner kann mich ablenken. Ich habe nichts besseres zu tun.
Das Wetter ist wunderschön. Die Sonne scheint, der Himmel leuchtet regelrecht und das Grün der Wiesen und Bäume ist noch ein bisschen grüner als sonst.
Erstaunlich, wenn man bedenkt, dass es vor nicht Mal einer Stunde geschneit hat als ob es nie wieder aufhört.
Heute hat sich ein Mensch aus der Vergangenheit bei mir gemeldet. Aus meinem Leben davor. Man hat Jahre nichts voneinander gehört, man hat sich verändert, neue Wege eingeschlagen, neue Ziele ins Auge gefasst und dann sitzt man da und telefoniert und es ist doch so vertraut.
Ich denke nicht oft an früher. Mein Leben ist unterteilt in ein vor und ein nach der Diagnose. Das Leben vor der Diagnose ist umgeben von dichtem Nebel, der sich nur ganz langsam lichtet.
Wie wird das in der Zukunft sein? Wenn man den Krebs überlebt, gibt es dann ein Leben nach dem Krebs?
Es gibt, jedenfalls bei Brustkrebs, keinen Moment in dem der Spuk vorbei ist, keinen zweiten tiefen Einschnitt ab dem das Leben danach beginnt. Es ist, wenn überhaupt, ein schleichender Prozess. Bei jeder Nachsorge durchkreuzt von der Angst. Immer wieder holt einen die Krankheit ein, macht klar, dass sie immer Teil von einem sein wird, macht das Vergessen unmöglich.
Kann man abschließen? Ich weiß es nicht.
Werde ich jemals an diesem Punkt sein? Nachsorgetermine erleben? Ich weiß es nicht.
Heute fahre ich zur dritten Chemoinfusion. Ich bekomme nur Nab-Paclitaxel heute. Ich hätte es letzte Woche nicht gedacht, aber es geht mir damit super. Heute hole ich mir mein Gift ohne schlechtes Gefühl. Und wenn ich heute Nachmittag aus dem Krankenhaus komme ist es mir egal ob die Sonne scheint, oder ein Schneesturm sein Unwesen treibt. Ich nehme es wie es kommt und genieße die Zeit in der es mir gut geht.