Erleichterung vs. Belastung
So fing alles an…..
Als wir Ende Oktober aus unserem Zimbabwe-Familien-Urlaub zurück ins trübe, dunkle Deutschland gekommen sind, wo dann auch gleich die 4. Corona-Welle durchgerollt ist, hatte ich das Gefühl, ein bisschen „Winterblues“ zu haben – war irgendwie etwas antriebslos, aber körperlich an sich gesund – hatte aber vor, endlich mal wieder mit Sport anzufangen – das war die letzten Monate wegen Kind, Haus, Garten, Corona, Arbeit einfach auf der Strecke geblieben und ich habe mich nicht wohl in meinem Körper gefühlt.
Im Dezember ist dann meine 1 ½ Jährige Tochter in die Krippe gekommen – die Eingewöhnung verlief super, ich war dann tatsächlich auch in der ersten Woche einmal Joggen, wie ich es mir vorgenommen hatte!
Und dann fing das Kränkeln an. Ein paar Tage halb flach, dann wieder besser, dann wieder flach….Aber besorgt hat mich das da eigentlich noch nicht – es sagt schließlich JEDER „wenn das Kind dann mal in die Krippe oder Kindergarten kommt, bringt es allerlei Infekte mit nach Hause und verteilt es schön in der Familie…“ So war es auch bei uns, dachte ich.
Nach Weihnachten hat es mich dann aber so richtig mit einer Sinusitis erwischt – da bin ich dann mal zu meiner Hausärztin. Sie hat dann noch meinen Zimbabwe-Urlaub mit ins Spiel gebracht – habe ich mir da vielleicht etwas eingefangen? Tatsächlich, hatte ich im Urlaub eine Woche Magen-Darm…… Wir haben ausgemacht, dass wir mal ein Blutbild machen, sobald mein akuter Sinusitis-Infekt überstanden ist – so wären meine Werte wahrscheinlich eh verfälscht. Das Antibiotikum hat wunderbar gegen die Sinusitis gewirkt – keine Schluckbeschwerden mehr oder ähnliches – aber diese extreme Schlappheit blieb. Ich musste nach einem Stockwerk Pause machen, um zu Atem zu kommen. Habe nachmittags 2-4h zusätzlich geschlafen. Keinen Appetit. Als hätte man mir den Stecker gezogen. Meine Hausärztin war dann aber für eine Woche im Urlaub bis zum 10. Januar – es war ja Silvester, Heilige-3-Könige – klassische Urlaubszeit. Da sich aber mein Zustand nach Silvester überhaupt nicht verbessert hatte, habe ich versucht in der Vertretungspraxis einen Termin zum Blutabnehmen zu bekommen. Die Sprechstundenhilfe von der Vertretung hat mich blöderweise direkt am Telefon abgewimmelt, als ich angerufen habe, dass ich schonmal ein Blutbild machen lassen will: “wenn das mit ihrer Hausärztin schon so besprochen ist, dann soll die das selbst machen. Auf die paar Tage kommt es auch nicht mehr an!” (Nachtrag 20.01.2022: Ich habe der Ärztin der Vertretungspraxis übrigens einen Brief geschrieben, wo ich die Geschichte erzählt habe, mit der Bitte, das nochmal mit ihrem Team zu besprechen, um zu sensibilisieren, damit aus meinem Fall gelernt wird und somit einem/r zukünftigen Patient*in mit ähnlicher Diagnose so schnell wie möglich geholfen werden kann. Sie hat mich heute morgen angerufen, entschuldigt, war erschüttert und hat mir versichert, dass sie mit ihrem Team gesprochen hat.)
Ich hatte dann einfach nicht den Nerv, noch weiter rumzutelefonieren, habe mich die weiteren Tage so durchgeschleppt– und bin dann eben direkt am 10. Januar morgens in meine Hausarztpraxis zum Blut abnehmen. Weil ich seit diesem Tag auch noch schwarze Flecken auf dem einen Auge gesehen habe, hat mich meine Hausärztin dann auch gleich nochmal untersucht und mir bei meinem Anblick direkt gesagt, dass das bestimmt eine akute Blutarmut ist. Wegen den schwarzen Flecken hat sie mich direkt noch zum Augenarzt geschickt – das waren laut Augenarzt Netzhaut-Einblutungen – ich solle auf jeden Fall ein Blutbild machen lassen, sowie Gerinnung und Blutdruck überprüfen – das war ja praktischerweise schon in die Wege geleitet.
Meine Hausärztin war wirklich auf Zack – nachmittags hat sie mich von selbst angerufen – laut der ersten Blutergebnissen hab ich tatsächlich eine extreme Blutarmut – ich soll schonmal eine Tasche packen und damit rechnen, dass ich noch am selben Tag ins Krankenhaus komme. Und so wars dann auch – um 19.00 Uhr hat sie mich wieder angerufen – Blutergebnisse sind da, ich muss ins Krankenhaus, sie telefoniert gerade rum, wo ein Bett frei ist. Auf dem Weg zum Krankenhaus soll ich nochmal kurz zu ihr in die Praxis, die Überweisung und Befunde abholen. Um kurz nach 20.00 Uhr hat mein Mann mich an der Notaufnahme im Diak abgeliefert – wegen Corona durfte er nicht weiter mit rein.
An Leukämie habe ich tatsächlich nie gedacht, bis die Diagnose kam. Vor der Krankenhaus-Einlieferung dachte ich an starken Eisen- oder VitaminB12-Mangel, eventuell tatsächlich irgendwas, dass ich mir in Zimbabwe eingeschleppt habe…
Im Krankenhaus habe ich mich am ersten Tag morgens ein bisschen wie der neue „Dr. House“-Fall gefühlt – durch meinen Zimbabwe-Aufenthalt war ich wohl ein spannender Fall, weil es so viele Möglichkeiten gab, woher meine Blutarmut kommen könnte und irgendwie wusste jeder, wer ich war. („Ach, Sie sind also die, die in den Tropen war, von Ihnen haben wir vorhin in der Besprechung schon gesprochen“)
Es ging am 11. Januar früh mit den Untersuchungen los – Bauchraum und Herz wurde geschallt, Röntgen der Lunge, Blutwerte…
Gegen 10 kamen dann mehrere Ärzte zu mir ins Zimmer und die eine hat sich als Oberärztin der Onkologie vorgestellt. Verdacht akute Leukämie. Ich werde bald auf die Onkologie verlegt, dann macht man die Knochenmarkspunktion. Ich habe Rotz und Wasser geheult.
(den Text habe ich schon auf meinem 1. Blog (https://leukaemut.blogspot.com/) am 20.01.2022 veröffentlicht )