Unter dem Motto „talk about cancer“ beschäftigen wir uns mit den vielen Facetten einer Krebserkrankung.hello@kurvenkratzer.at

Es ist nicht alles schwarz. Manchmal ist es auch grau.

Ich denke, so lange ich leben werde, werde ich diesen Abend und die Situation unter der Dusche nicht mehr vergessen können. Ob ich mich je wieder angstfrei abtasten werde können, das wird erst die Zeit zeigen. Im Moment bin ich noch zu sensibel, wenn es um meinen Körper geht.

Es war Mitte Juli, die Koffer waren noch nicht gepackt, jedoch haben sich meine Gedanken bereits um die bevorstehende Reise nach Kroatien gedreht. Ich wollte endlich meine Familie nach anderthalb Jahren besuchen und freute mich sehr darauf. Da ich seit mehreren Jahren auch eine chronische Herzerkrankung habe, konnte ich im Jahr davor (2020) aus uns allen bekannten Gründen nicht fahren.

Und wie schon so oft davor, stellte ich mich auch an diesem warmen Abend unter die Dusche, wollte den heißen Julitag abwaschen. Die Haare wurden gewaschen, und der Körper eingeseift. Du solltest dich wieder abtasten, war der nächste Gedanke. Noch nicht zu Ende gedacht, und nicht mal richtig angefangen abzutasten, und da war er. Der Knoten. Damals nannte ich ihn so. Einfach der Knoten.

Und ich war schockiert. Schnell duschte ich mich ab, innerlich erstarrt, nicht glauben wollend. Es ist heute noch fast unvorstellbar für mich, dass das die Wirklichkeit war und ist. Wie ich bereits geschrieben habe, ich habe mich nie gefragt, wieso ich. Diese Frage hat sich nie gestellt. Ich dachte nur, liebe Gott, wenn das wirklich so ist, ich weiß nicht wie ich das schaffen soll.

Meine Gedanken drehten sich an diesem Abend nur um diese Stelle und Verhärtung. Ich wusste, ich muss jemanden etwas sagen, sonst werde ich platzen, aber wem? Alle werden sich Sorgen machen. In meiner Not schrieb ich an meine zwei Herzensfreundinnen, Nicole und Melanie. Ich kenne sie nicht persönlich (noch nicht). Mir scheint, das Leben hat uns vor einigen Jahren zueinander geführt, weil es wusste, wir werden uns brauchen. Und ich brauchte sie dringend.

Durch diese schriftliche Konversation sortierten sich auch meine Gedanken, und es entstand so etwas wie ein Plan, obwohl das zu viel gesagt ist. Es war mehr so, dass ich beschloss, einen Schritt nach dem anderen zu gehen. Der Gedanke “Es ist nach wie vor mein Körper, und egal was es ist, ob gut oder schlecht, es wird behandelt. Nichts hat sich geändert, außer, dass ich jetzt davon weiß und etwas dagegen unternehmen kann” wurde geboren.

So weit ich mich erinnern kann, schlief ich sogar diese Nacht ziemlich gut und am nächsten Morgen stand ich auf, und machte mich für meinen Termin in der hämatologischen Ambulanz, in der ich schon seit meinem Herzinfarkt und Wiederbelebung in Betreuung bin, fertig. Natürlich drehten sich meine Gedanken nach wie vor um die Entdeckung.

Dort angekommen, fragte mich meine Ärztin wie immer, wie es mir geht. Und da das bei ihr keine obligatorische Frage ist, sondern sie das wirklich wissen will, sagte ich ihr die Wahrheit.

Ich sagte, physisch gehe es mir gut, und psychisch eigentlich auch, zumindest denke ich das, jedoch beschäftige mich eine Sache, oder besser gesagt eine Entdeckung, die ich gestern gemacht habe. Sie fragte was das wäre. Und ich schilderte wie es war, und wie ich in der früh gehofft habe, die Verhärtung wäre verschwunden, und als erstes wieder abgetastet habe. Kindisch, ich weiß, aber so sind wir Menschen, wir klammern uns an die Strohhalme, selbst wenn wir wissen, es macht keinen Sinn.

Ich erwähnte auch was ich als Nächstes vorhabe, was ich dachte zu unternehmen. Und ab diesem Zeitpunkt übernahmen sie und ihre Assistentin das Kommando. Wie sie das gemacht haben, darüber schreibe ich nächstes Mal, weil wenn ich das in diesen Text verpacke, dann wird er, fürchte ich, zu lang, und ich will ihnen und dem, was sie getan haben, gerecht werden, denn ich werde das nie vergessen, so lange ich lebe.

Zwei Menschen können, wenn sie wollen, eine Welt verändern und den Stein, der droht eine Person zu erdrücken, vom Herzen zu nehmen und auf die Seite legen.

Ganz liebe Grüße und bis zum nächsten Mal

Miri

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