Erleichterung vs. Belastung
Meine ganzen “Kleinwagen”-Medikamente – und am anderen Ende der Welt sterben die Frauen fast bei der Geburt wegen 50 USD die fehlen…..
Das Antikörper-Konjugat Gemtuzumab-Ozogamicin (Mylotarg©):
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/arzneistoffe/daten/2018/gemtuzumab-ozogamicinmylotargr862018/
(Hier erstmal eine kleine Exkursion/Auffrischung zu Antikörper allgemein, für alle nicht-Mediziner/-Pharmazeuten oder Super-Informierten: (bis 1min25sec wirklich relevant für das weitere Verständnis):
Da meine Blasten (die „bösen“ unreifen weißen Blutzellen bei akuten Leukämien) CD33+ sind, also auf ihrer Oberfläche das Antigen CD33 (ein Protein) haben, kommt für mich das Antikörper-Konjugat Gemtuzumab-Ozogamicin (Mylotarg© von Pfizer, kam im Sep 2018 in der EU auf den Markt) in Frage.
Antikörper-Konjugat – das heißt, dass ein Antikörper (hier Gemtuzumab) (kovalent) verbunden ist mit einem Zellgift (hier Ozogamicin, ein Derivat von Calicheamicin). Der Antikörper-Part fungiert als Schlüssel und bindet also nur an die Zellen, die das richtige Schloss dafür haben (also die CD33+ Blasten) – die anderen Zellen bleiben verschont! Das Zellgift (Ozogamicin) wird in die CD33+-Blasten aufgenommen und kann so dann die „bösen“ CD33+-Blasten gezielt töten!
Ohne den Antikörper-Part wäre das gezielte Auswählen nicht möglich – wenn man einfach nur das Zellgift verteilt, geht das in ALLE Zellen, die sich schnell vermehren – auch „gute“ Haarzellen/Schleimhautzellen, etc…
Ich hab mal nachgeschaut: 1 Dosis Mylotarg© kostet 8.331€ – es wird je Zyklus 3x gegeben. Ich bekomme gerade also Medikamente für knapp 25.000€ verabreicht – einfach so! Wieviel es wirklich bringt, das weiß man nicht – im Idealfall 25% bessere Chancen, dass die Chemotherapie anschlägt – aber es kann auch sein, dass es bei mir gar nichts bringt! (im Schlimmsten Fall bekomme ich davon ordentliche Nebenwirkungen (die Liste der Möglichkeiten erspar ich euch lieber…), die meine Krankenhauskosten noch weiter in die Höhe treiben…..
Also: ein Hoch auf die Krankenversicherung, die das übernimmt!
Der Tyrosin-Kinase-Inhibitor Midostaurin (Rydapt©):
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/arzneistoffe/daten/2017/midostaurinrydaptr862017/
“Vorhin war die Oberärztin da – es gibt News: bei meiner AML, wurde eine FLT3-Mutation nachgewiesen – das heißt, es gibt neue Behandlungsoptionen: Ich bekomme ab morgen zusätzlich Midostaurin, ein Tyrosin-Kinase-Inhibitor – 4 Tabletten pro Tag -soweit ich es verstanden habe, erstmal pro Zyklus von Tag 8-21 und dann tatsächlich durchgehend bis zum Rezidiv – also wohl für eine ganze Weile! Kosten Pro Tag (4 Tabletten): 571€!!!
Der absolut Krasse Kontrast: Sehr gute Freunde in Zimbabwe haben am Wochenende ihr 3. Kind zur Welt gebracht, hier der Bericht meiner Mutter:
„Die Geschichte der Geburt war sehr typisch zimbabwisch. Sie brauchte einen Kaiserschnitt, ihr Becken ist zu schmal. Aber ohne Vorleistung ist das nicht machbar… 200USD in bar plus alle möglichen Instrumente und Medikamente vom Infusionsbeutel bis zum Antibiotikum mussten sie vorher in der Krankenhausapotheke kaufen. Danke an alle Spender, die diese Kosten möglich gemacht haben.
Sie sollte Freitag operiert werden. Aus welchem Grund auch immer hat das nicht geklappt. Samstags hat ihr dann der Arzt verkündet, dass er am Wochenende nicht mehr operiert, da er nicht bezahlt wird dafür. Sie dürfte aber auf keinen Fall in die Wehen kommen…. Was dann doch prompt passiert ist. Sonntagnacht wurde sie dann doch entbunden. Mit 50USD Aufschlag, die ich dann schnell vorbei gebracht habe! Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn sie nicht hätten zahlen können. Die Nacht vorher hat eine Mutter, die auch Kaiserschnitt bekommen sollte, Zwillinge entbunden und ist kurz nach der Geburt verstorben.
So ist leider inzwischen die Realität hier.“”
(dieser Post erschien am 20.01.2022 auf meinem 1. Blog: https://leukaemut.blogspot.com/)