Erleichterung vs. Belastung
Brustkrebs tut weh!
“Wenn es weht tut ist es kein Krebs”, “Schmerzen sind ein gutes Zeichen”… Solche Sätze hört und ließt man leider oft, wenn man zu Brustkrebs recherchiert, oder mit einem Arzt darüber spricht.
Dabei ist diese Aussage gerade so falsch wie die Aussage “in diesem Alter müssen Sie sich keine Sorgen machen”.
Es ist richtig, dass die meisten Patientinnen vor ihrer Diagnose keine Schmerzen, ja keine Beschwerden haben. Manche können einen Knoten tasten, viele aber auch nicht.
Super unpraktisch, denn das verzögert dir Diagnose oft deutlich.
Umso ärgerlicher allerdings, wenn man einen schmerzenden Tumor hat, den Vorteil hat, dass man ihn bemerkt, dass er stört, dass man zeitnah damit zum Arzt geht und der Vorteil dann zunichte gemacht wird von Ärzten, die es doch eigentlich besser wissen müssten.
Mein Tumor tat sehr weh. Ich habe ihn gespürt, lange bevor ich ihn tasten konnte. Ich habe ihn vielleicht im Januar 2020 das erste Mal getastet. Ich war vollkommen sorglos.
Es tat weh, ich tastete, fand einen Knoten und dachte mir doch nichts dabei. Erst Wochen später habe ich begonnen zu recherchieren und war erleichtert: schmerzende Knoten sind kein Brustkrebs hieß es da bei zahlreichen Quellen.
Ich hatte im Februar sowieso einen Vorsorgetermin bei meiner Gynäkologin und sah keinen Grund zur Eile.
Bei diesem Termin sprach ich den Knoten an. Zu diesem Zeitpunkt war er bereits deutlich zu tasten. Etwas länglich und Recht hart fühlte er sich an wie eine Kidneybohne in meiner linken Brust.
Die Ärztin konnte ihn tasten und bestätigte mich in meiner Sorglosigkeit: “Mastopathie” hieß es da. Nervig, aber keineswegs gefährlich. Kein Grund zur Sorge.
Ich könne ja Mal die Pille einige Tage absetzen, dann würde das weggehen.
Kein Ultraschall, kein “kommen Sie in x Wochen nochmal”, kein “setzen Sie die Pille ein paar Tage ab und kommen Sie wieder wenn es nicht weg geht”.
Absolute Überzeugung. “Das ist nichts schlimmes” hörte ich da und “Ich kann Sie beruhigen”.
Ich wahr beruhigt, oder besser ich war unbesorgt. War ich vorher schon und der Termin gab mir keinen Grund besorgt zu werden.
Die Schmerzen in der Brust waren ärgerlich, aber nicht schlimm. Die Konsequenzen eines Absetzens der Pille ungleich schlimmer, deshalb hatte ich es nicht eilig.
Ich recherchierte ein wenig zu Mastopathie und setzte schlussendlich einige Wochen später die Pille ab.
Der Tumor war bereits problemlos tast- und sogar greifbar. Er hatte die Größe eines Tennisballs und die Schmerzen wurden immer stärker.
Ich setzte die Pille ab, aber der Tumor wurde nicht kleiner, nicht weniger schmerzhaft.
Am ersten Aprilwochenende wurden die Schmerzen zeitweise extrem. Als würde mir jemand ein Messer in die Brust stechen.
Montag früh rief ich in meiner Frauenarztpraxis an. Ich sagte, dass ich starke Schmerzen habe und bekam für den gleichen Nachmittag einen Termin, allerdings bei einer anderen Ärztin.
Dann ging alles sehr schnell. Mittwochs hatte ich meine Diagnose und nach unzähligen Untersuchungen, Terminen und zwei OPs begann ich am 28. April 2020 meine Chemotherapie.
Zum Zeitpunkt der Diagnose stellte sich der Tumor sonographisch ungefähr 5cm groß dar. Mindestens ein Lymphknoten war bereits befallen.
Wie hätte meine Diagnose Wochen vorher ausgesehen? Als mein Tumor kein Tennisball, sondern eine Kidneybohne war? Hatte ich da schon Lymphknotenmetastasen?
Egal wie oft ich es durchdenke – ich bin überzeugt, dass diese paar Wochen für mich den Unterschied hätten machen können, dass ich heute vermutlich fertig wäre mit meiner Therapie, meine Überlebenschancen ungleich höher wären.
Ich bin so wütend, so traurig und so fassungslos.
Diese Ärztin hat einen riesengroßen Fehler gemacht und ich bin die Leidtragende.
Auch wenn nicht jeder Schmerzen hat in seinem Tumor: Brustkrebs kann weh tun!
Das sollte jeder Arzt wissen.