Erleichterung vs. Belastung
Kinderwunsch nach Brustkrebs
Die Diagnose Brustkrebs traf mich mit 33 Jahren. Einen Monat später traf mich die zweite Diagnose: “Sie sollten keine Kinder mehr bekommen”
Zu meinem Glück habe ich vier Wochen vor meiner Diagnose meinen Sohn entbunden. Ich habe es also gerade noch geschafft, Mutter zu werden. Dennoch lies mich der Wunsch nach einem zweiten Kind nicht los.
Vor Beginn der Chemotherapie können bei bestehendem Kinderwunsch über das Netzwerk FertiProtect Vorkehrungen (z.B. Einfrieren von Eizellen oder Entnahme von Eierstockgewebe) getroffen werden, welche die Fruchtbarkeit trotz Chemotherapie erhalten.
Falls eine solche Behandlung zeitlich oder gesundheitlich nicht in Frage kommt, sollten die Eierstöcke in jedem Fall mit einem Medikament (GnRH-Analoge , z.B. Zoladex ) geschützt werden. Der Erfolg dieser Behandlung ist zwar nicht umfassend belegt, dennoch gehen Medizinier davon aus, dass das “Herunterfahren” der Eierstöcke während der Therapie sich positiv auf den Fruchtbarkeitserhalt auswirkt.
In meinem Fall war diese Variante von Erfolg gekrönt und meine Eierstöcke nahmen 14 Monate nach Ende der Chemotherapie ihre Funktion wieder auf.
Auch wenn der Kinderwunsch zum Zeitpunkt der Diagnose nicht die zentrale Rolle spielen mag, sind inzwischen immer mehr junge Frauen betroffen, die sich den Wunsch nach einer eigenen Familie (noch) nicht erfüllen konnten.
Es ist somit generell ratsam, bei Diagnosestellung in jungen Jahren mit dem behandelnden Onkologen über eine spätere Familienplanung zu sprechen.
Falls die Zeit noch für eine FertiProtect Beratung in einem entsprechenden Kinderwunschzentrum bleibt, sollte diese zumindest in Anspruch genommen werden. Entscheiden kann man sich im Nachhinein immer noch. Dennoch werden aktuell (12/2020) die Kosten für das Einfrieren von Eizellen von den Krankenkassen nicht übernommen. Dies soll sich jedoch nach bereits erfolgtem Beschluss im Jahr 2019 bald ändern.
Wenn im Vorfeld alle Fragen zum Kinderwunsch geklärt wurden, kann mit der Therapie begonnen werden. Hierbei wird grundlegend (bezüglich eines darauffolgenden Kinderwunsches) nach hormonsensiblen und nicht-hormonsensiblen Tumoren unterschieden.
Frauen mit einem nicht-hormonsensiblen Tumor sollten nach herrschender medizinischer Meinung 2 Jahre nach Abschluss der Chemotherapie mit dem Erfüllen des Kinderwunsches abwarten, um Schädigungen am Embryo zu vermeiden.
Hormonsensitiv diagnostizierte Frauen haben häufig das Problem, dass die Behandlung des Brustkrebses durch eine 5 bis 10 Jahre andauernde Anti-Hormon-Therapie erfolgt. Hier entsteht oftmals ein zeitliches Problem, wenn die Frau bei Diagnose bereits in ihren 30ern ist.
Ebenfalls ist nicht abschließend geklärt, ob eine Schwangerschaft durch die Hohe Anzahl an Östrogenen das Risiko einer Wiedererkrankung erhöhen kann. Die medizinische Tendenz sagt nein. Eine Schwangerschaft erhöhe das Rückfallrisiko nicht. Die Entscheidung über das individuelle Risiko muss hingegen jede Frau selbst treffen.
Viele junge Betroffene erkranken bereits in frühen Jahren an Brustkrebs aufgrund einer sogenannten Genmutation BRCA 1 oder BRCA 2. Bekannt wurde diese Mutation in der Bevölkerung insbesondere durch Angelina Jolie. Trägt eine Frau diese Mutation in sich, wird sie diese mit einer 50 prozentigen Wahrscheinlichkeit an ihre Kinder vererben. Über diesen Aspekt sollten sich Genträgerinnen bezüglich eines Kinderwunsches klar sein.
Zudem erhöht eine solche Mutation auch das Risiko, an Eierstockkrebs zu erkranken. Daher wird zu einer vorsorglichen Entfernung der Eierstöcke bis zum 40. Lebensjahr geraten. Im Anschluss ist eine natürliche Schwangerschaft nicht mehr möglich.
Sollte im Anschluss an die Therapien die Fruchtbarkeit zurückgekommen sein, sollten einige Dinge direkt vor einer Schwangerschaft bedacht werden:
Zum einen sollten die Reste der Anti-Hormon-Therapie drei bis sechs Monate aus dem Körper gespült werden, in der Zeit eine Schwangerschaft vermieden werden sollte.
Es besteht die Möglichkeit, sich vor einer Schwangerschaft erneut “durchchecken” zu lassen, ob zum aktuellen Zeitpunkt keine Anzeichen von Krebszellen im Körper festzustellen sind, z.B. durch MRT Abdomen und der Brust und CT Thorax.
Während der Schwangerschaft sollten reguläre Nachsorgetermine in jedem Fall weiterhin eingehalten werden
Falls die Anti-Hormon-Therapie für die Schwangerschaft bereits vor Vollendung der 5 bzw. 10 jährigen Einnahmedauer erfolgte, sollte diese zwingend im Anschluss an Schwangerschaft (und ggf. Stillzeit) beendet werden, um einen größtmöglichen Schutz zu erreichen.