Erleichterung vs. Belastung
Meine Inseln im Krebs-Corona-Alltags-Wahnsinn
Ich wage zu behaupten: Meine Kinder könnten es mit ihren Eltern wahrlich schlechter getroffen haben. Und auch mein Ehemann kann wohl auch ganz gut mit der krebsigen Frau und ihren Sperenzchen leben. Ich selbst kann die meiste Zeit recht gut mit Humor und Sarkasmus in diesem Schlammassel klarkommen. Was bleibt mir, was bleibt uns auch anderes übrig? Es ist wie es ist: Weder der Krebs noch Corona gehen weg, indem wir auf „Entfernen“ oder „löschen“ oder auf das „X“ drücken. Dennoch merke ich, dass meine Kräfte schwinden und dass ich mürbe werde. Allerdings möchte ich zusätzlich zu meiner Glatze und den OP-Narben nicht auch noch Sorgenfalten, sondern lieber ein paar Lachfältchen bekommen.
Deshalb nehme ich mir heute Zeit, um mir Momente vor Augen zu führen, die ich mir in diesem Tohuwabohu für mich ganz allein geschaffen habe und die für Entschleunigung sorgen. Außerdem möchte ich mir und dir, die oder der du meine Zeilen hier liest, Mut machen, diese #metime ganz bewusst und ohne schlechtes Gewissen einzufordern.
Krebs-Diagnose im milden Pandemie-Stadium
Anfang November 2020 zog ich das ganz große Los: Brustkrebs in einer Pandemie! Anfangs herrschte noch kein Lockdown. Zwar waren Hygieneregeln präsent, ich musste allein zu den meisten Untersuchungen und auch ins Krankenhaus zu Brust- und Port-Operation. Auch war der Göttergatte schon seit Längerem im Homeoffice und die Freizeitaktivitäten der Kinder fielen, vom Online-Musikunterricht abgesehen, alle aus. Aber, Halleluja: Die Schulen und Kindergärten waren noch geöffnet und meine Kinder waren vormittags außer Haus. Zum letzten Mal für lange Zeit herrschte Betreuungsfriede hier im Haus.
Bis ich ins Krankenhaus musste, vergingen knapp drei Wochen, in denen ich krankgeschrieben zu Hause war. So hatte ich neben den verschiedenen Staging-Untersuchungen Zeit für mich allein. Ich hatte Zeit zum Mountainbiken und Joggen, für das Schreiben (Das schwor ich mir schon am Tag nach der Diagnose: meine Tätigkeit als Autorin würde ich erst aufgeben, wenn die Hände zu zittrig zum Tippen sein sollten.) und ganz lapidar: Zeit zum Putzen, Einkaufen, Kochen und Co.
Aber ich hatte auch Zeit zum Nachdenken. Zeit, um mit Familie, Freundinnen und Freunden über meinen Krebs zu sprechen. Zeit, um mich über den Krebs zu informieren. Zeit zum Wütendsein und mit dem Schicksalhadern. Zeit zum Weinen.
Rückblickend gesehen hatte ich Zeit zum Ankommen in meiner Krebskrankheit.
In diesen Tagen trug ich zwar schon den Tumor in mir, fühlte mich aber körperlich gesund, hatte genügend Kraftreserven und ein halbwegs stabiles Nervenkostüm.
Krebs im Corona-Lockdown und einem immer vollen Haus
Pünktlich zur ersten Chemotherapie begann dann der zweite Lockdown mit immer wieder leicht varriierenden Corona-Regeln. Mal waren alle drei Goldschätze wegen Ferien oder Homeschooling ans Haus gefesselt. Mal wurde tageweise ein Kind in die Schule entlassen. Unser Goldkind bleibt mir seit Monaten treu, da wir sie auf Anraten der Ärzte auch weiterhin nicht in den Kindergarten schicken, um das Risiko einer Ansteckung mit Corona für mich so gering wie möglich zu halten.
Die Nebenwirkungszipperlein der Chemotherapiesitzungen lebe ich also inmitten der Familie aus. So kroch ich anfangs teilweise vor den Kindern auf allen Vieren die Treppe hoch, lag total erschöpft zwischen den Bilderbüchern und Puzzles meiner Jüngsten auf dem Sofa, da ich mich nicht einen ganzen Tag lang zusammenreißen und so tun konnte, als sei nichts. Wären die Kinder wie normalerweise jeden Tag vormittags außer Haus, bekämen sie das alles nicht in voller Breitseite mit. (Wobei ich schon darauf achte, dass es nicht die komplette Breite ist!)
Weil die armen Kindern ja mit Corona und der Krebsmutter doppelt gequält waren, hatte ich den Anspruch, die Weihnachtszeit sollte diese natürlich umso schöner sein. Auch für mich selbst wollte ich ein idyllisches Fest mit allen Klischees. Denn irgendwo im Hinterkopf tickte immer die komische Krebs-Uhr. Die tickte und sagte, dass jedes Plätzchenbacken, jedes Adventskranzanzünden, jedes Vorlesen und Weihnachtsliedersingen das letzte Mal sein könnte. Einerseits völlig irrational: An diesem Brustkrebs werde ich nicht sterben, ich werde ihn bekämpfen. Andererseits logisch, denn Krebs und Tod sind leider keine seltenen Gefährten und als Krebs-Neuling war ich mir dieser Gefahr in der Anfangszeit oft sehr bewusst.
Ich legte mich also für und mit den Kindern richtig ins Zeug. Wir backten und bastelten fleißig. Wir dekorierten das Haus, ich bestellte Geschenke, organisierte Überraschungen usw.. Ich fühlte mich gut dabei, wollte das für mich und die Kinder.
Da wir corona-chemo-bedingt völlig verwandtenbesuchfrei blieben und die Treffen mit Freunden, die wir sonst immer auf dem Plan zwischen den Jahren auch nicht stattfanden, waren Weihnachten und auch die Ferien dann so entspannt wie noch nie und es blieb Zeit Kraft und Geborgenheit zu tanken. Der Mittelstürmer hatte mal Besuch von seinem Freund, das Teeniemädchen von einer Freundin und das Goldkind vergnügte sich am liebsten im Schnee. Ansonsten verbrachten wir die Tage zwischen traditionell-relaxt zwischen Plätzchen und geschmücktem Baum, Familien-Treffen vorm Fernseher bei einem Weihnachtsfilm, Schlittenfahrten und Raclette.
Irgendwann waren die Schulferien aber vorbei und eine laaaaaange Homeschoolingphase begann. Parallel gingen die Chemos weiter und ich betreute unter Medikamenten-Doping stehend irgendwelche Homeschooling-Aufgaben. Daneben der Haushalt mit Kochen, Putzen, Wäsche, Einkaufen, Bettenbeziehen und und und. Nebenbei die Alltagswelt: Wer braucht neue Klamotten? Wem passen die Schuhe noch?
Auch die Geburtstag der beiden Großen haben wir unter dem Krebsstern gefeiert, der Ehrentag der Jüngsten steht nächste Woche an. Ähnlich wie beim Weihnachtsfest auch hatte ich da wieder das Gefühl, es sollte doch dieses Jahr besonders schön werden, wenn schon wegen Corona und der Chemo keine großen Kindergeburtstagsfeiern und noch nicht mal Besuche der Großeltern möglich wären.
Irgendwo poppt zwischendurch auch immer wieder mal meine Arbeit als Autorin auf, die ich sehr gerne mache, wofür ich mir aber auch Zeit freischaufeln muss. Ach ja und den Göttergatten gibt es dazwischen auch irgendwo. Langer Vorspann, kurzer Sinn: Es ist immer irgendwo irgendwie irgendwas mit oder für irgendwen zu tun, zu organisieren oder oder oder …
Der Akku ist leer
Die Phase des Chemo-Corona-Wirrwarrs ist sehr, sehr intensiv. Wir sind weitestgehend auf uns allein gestellt. Kontakte zu den Großeltern und meisten Freundinnen und Freunden gibt es nur virtuell, wir beschränken uns auf einen sehr, sehr reduzierten Freundeskreis. Somit haben unsere Kindern wenigstens eine Spielkameradin oder einen Spielkameraden, die oder der mal zu Besuch kommen kann. Mir gibt das die Möglichkeit, die Kinder bei einem Termin irgendwo unterbringen zu können. Aber insgesamt müssen wir doch das Meiste alleine regeln und erledigen.
Mancher Stress ist aus einem Bedürfnis von „Ich möchte das für mich und meine Familie unbedingt machen.“ heraus auf jeden Fall selbstverschuldet, der andere ergibt sich aus täglich anstehenden Aufgaben in einem Fünf-Personen-Haus von selbst. Homeschooling-Späßchen und krebsbedingte Termine tun ihr Übriges, um die Anstrengung auf einem hohen Level zu halten.
Ob ich will oder nicht: Mein Körper und meine Psyche schwächeln. Ich spüre wie meine Kräfte schwinden, wie dünn das Nervenkostüm ist, wie viel Wut, Erschöpfung und Gereiztheit unter der Oberfläche brodelt. Die Corona-Müdigkeit, die wohl viele Mütter derzeit einholt, wird bei mir noch kombiniert mit körperlicher Chemo-Erschöpfung und seelischer Niedergeschlagenheit. Alles mal mehr, mal weniger schlimm.
Insgesamt aber ist mein Akku quasi leer. Ich kann das alles nicht mehr easy, ironisch und humorvoll wuppen. Ich ertappe mich dabei, wie mich langsam alles erdrückt. Ich merke, wie ich lauter, motziger, unzufriedener, ungerechter und launischer werde.
Kleine oder allerkleinste Auszeiten schaffen
Seit rund fünf Monaten steht meine Welt still und dreht sich doch irrsinnig schnell. Sicherlich hätte ich angesichts der Ungerechtigkeit einer Krebserkrankung während einer Pandemie sicherlich den Fahrschein für den Dauermotzmodus in der Premiumvariante verdient. Aber was bringt das mir, was bringt das meiner Familie? Und ganz ehrlich: Das Leben ist eindeutig zu wertvoll, um es im Dauermotzmodus zu erleben.
Die großen Auszeiten wie ein schönes Abendessen mit dem Ehemann im Restaurant, ein Cafébesuch mit der Freundin um Quatschen und Sich-Ausheulen oder gar ein Wochenende, an dem die Kinder bei den Großeltern sind, sind derzeit und wohl noch eine ganze Weile utopisch. Ich habe mir deshalb fest vorgenommen, meine Kräfte nicht dafür verschwenden, mich immer und immer wieder über Dinge aufzuregen, die ich nicht ändern kann.
Stattdessen will mich auf das konzentrieren, was ich im Alltag gegen aufkommenden Krebs-Frust und drohendes Corona-Burnout tun kann. Deshalb versuche ich, Momente zu schaffen, die nur mir allein gehören. Momente, in denen ich mich nur um mich kümmere. Momente, in denen ich raus bin aus allem. Momente, in denen mir egal ist, was die anderen tun. Momente, in denen es auch mal ohne mich gehen muss. Momente, die man neudeutsch als #metime bezeichnet.
- Sport-Zeit
Meine tägliche Sporteinheit ist mir heilig. Hierfür nehme ich mir auch heraus, die Jüngste mit dem Tablet neben den Hometrainer zu setzen, sofern es sich nicht ergibt, dass sie etwas mit dem Papa, den Geschwistern oder ihrem Corona-Freund unternimmt.
- Podcast-Urlaub
Habe ich eine etwas längere Autofahrt vor mir, muss ich z.B. zu einem Arzttermin, dann suche ich mir schon vorab eine Podcast-Folge aus, den ich dann ganz bewusst höre. Aktuell ist das meist eine Folge von “2 Frauen, 2 Brüste“. Auch beim Bügeln oder Aufräumen kann via Kopfhörer eine Podcast-Auszeit entstehen.
- Wellness-Exklusivzeit
Die Badezimmer- oder Schlafzimmertür schließen und mir die Zeit nehmen, meine Fingernägel zu lackieren, mir die Kleider für den nächsten Tagen bereitzulegen, mir die Füße einzucremen oder mir Zeit zum nehmen, um eine neue Wickeltechnik für einen Haarturban auszuprobieren. Alles nicht lebensnotwendig, aber alles herrlich entspannend und herrlich “achtsam” mir gegenüber – in der heutigen Zeit ja DAS Schlagwort schlechthin.
- Das Frauen-Klischee erfüllen
Ich gestehe: Ich habe eine Frauenzeitschrift, die mir eine gute „Freundin“ geworden ist. Ich habe diese Liegt die neueste Ausgabe in meinem Briefkasten, muss ich unwillkürlich schmunzeln, egal was der Tag für mich bereithält. Ich freue mich darauf, darin zu schmökern und die aktuellen Modetrends zu entdecken, unglaublich wichtige News aus dem Leben diverser Prominenter zu erfahren, interessante Reportagen über Brustkrebs und Co. zu lesen oder mich über die neuesten Kinofilme oder Bücher zu informieren. Herrlich unanstrengend, herrlich schön!
- Nächtliche Aktivitäten
Ich habe mir abgewöhnt, mich darüber zu ärgern, wenn ich vom Cortison mal wieder zu aufgeputscht bin, um zu schlafen oder nach der Chemoinfusion am Tag zu viel geschlafen habe. und zu versuchen, mich in den Schlaf zu bringen. Stattdessen lese ich, surfe ich im Internet oder denke in Ruhe über Dinge nach.
- Solo-Kaffee- Zeit
Alle sind irgendwo im Haus oder anderswo unterwegs. Ich mache mir eine Tasse Kaffee mit viel Milch und genieße diesen. Angesichts der Tatsache, dass mir während der ersten Chemos der Geruch von Kaffee unerträglich war und ich immer mehrere Tage koffeinabstinent verbringen musste, macht diese Auszeit für mich zu purer Lebensqualität.
- Schokolade, Tee und ein gutes Buch
Ich melde mich ganz bewusst beim Göttergatten für den Abend ab und verabrede mich quasi mit mir selbst. Derzeit wähle ich am liebsten ein Buch mit mittlerem Tiefgang, dafür gern mit Salzwasserflair und Meeresambiente. Was gibt es angesichts von Corona und Krebs momentan Wichtigeres auf der Welt als eine Hauptperson dabei zu begleiten, ein geerbtes Haus an der Ostsee zu renovieren oder in einem Café auf einer Nordseeinsel Kuchen zu backen? Das ist Urlaub für die Seele. Und versprochen: Wenn dieser ganze Schlammassel überstanden ist, dann widme ich mich wieder den alten Klassikern und literaturpreisgekürter Lektüre.
- Die Stille in der Früh genießen.
Mann und Kinder schlafen noch, ich bin schon wieder (oder noch immer!) wach. Dann wälze ich mich nicht im Bett herum, sondern stehe auf und lese in Ruhe die Zeitung, tippe schon etwas oder tausche WhatsApps mit Freundinnen aus, die auch schon früh wach sind. So entstand beispielsweise dieser Beitrag größtenteils zwischen halb sechs und halb acht an einem Samstagmorgen.
- Massage
Nach der OP bekam ich Lymphdrainage verschrieben. Diese war recht schnell nicht mehr nötig, da ich keinerlei Beschwerden hatte. Meine liebe Masseurin wandelte das Rezept dann in ein Massagerezept ein und ich gehe alle zwei Wochen zu ihr und lasse meinen Rücken durchkneten.
- Frischluftkick
Fenster oder Terrassentür öffnen und ein paar Minuten die kühle Luft spüren und den Ausblick hinter unserem Haus genießen, tut mir schnell gut.
- Früh ins Bett
Ganz ehrlich: Manche Corona-Krebs-Tage sind einfach von morgens bis abends doof. Dann hilft es mir, mich direkt ins Schlafzimmer zu verziehen, wenn Bettgehzeit für die Kinder ist, die Augen zu schließen und zu schlafen.
- Erfolgsbilanz ziehen
Eine Zeitlang gemacht, habe ich es wieder vergessen. Seit ein paar Tagen nutze ich mein Dankbarkeits-Tagebuch (App) im Handy wieder. Vor dem Schlafengehen notiere ich dort zwei, drei Dinge, die am vergangen Tag schön waren: Das kann der Milchschaum auf dem Kaffee, die herzförmige Kartoffel in der Gemüsekiste oder das lange Telefonat mit meiner Schwester sein.
- Hilfe von Profis akzeptieren
Anspruch auf eine Haushaltshilfe oder eine Dorfhelferin, die auch die Kinder betreut, hätte ich als Krebspatientin. und das ist auch gut so! Ich selbst wollte das allerdings nie. Im sowieso schon vollen Homeschooling-Homeoffice-Haus noch eine weitere Person wäre mir zu viel. Ich gönne mir aber seit Beginn der Chemotherapie den Luxus, den Hausputz von einer Putzfee erledigen zu lassen.
- Melodien für die Seele
Mich in ans Klavier setzen und von Mozart über die Beatles zu Musical-Songs und Chopin zu gelangen, ist Auszeit auf künstlerischem Niveau. Laienhaft und nur von meinem subjektiven Empfinden ausgehend kann ich die heilsame Wirkung von Musik bestätigen, die psychoonkologische Studien für Krebserkrankte hervorheben.
- Ein Hoch auf Serien!
Den glücklichen Umstand dank eines TV-affinen Ehemannes ein Amazon Prime sowie ein Netflix-Abo zu haben, nutze ich außerordentlich gerne, wenn ein Tag mal wieder außergewöhnlich bescheiden war und ich Ablenkung in Bildform benötige. Da die Konzentrationsspanne einer Chemopatientin oder müden Mutter relativ kurz ist, sind mir ganze Filme eindeutig zu lang. Deshalb bin ich absoluter Serienjunkie und selbst Herrin über die Länge der Fernsehzeit.
- Am Ofen sitzen
Es gibt tatsächlich Untersuchungen, die zeigen, dass Menschen, die regelmäßig an einem warmen Ofen sitzen, entspannter sind und besser Stress abbauen. Dieses Wissen mache ich mir natürlich zunutze und so wird hier bei uns oft, oft und noch öfter angefeuert. Dazu ein Glas Rotwein (Ja, das genehmige ich mir trotz Chemo ab und zu!) und den Göttergatten an der Seite. Das ist wie Urlaub.
Banale Dinge mit großer Bedeutung
Erwiesenermaßen sind auch kleine oder auch allerkleinste Auszeiten sehr nutzwertig. Sie stoppen das Alltagstrubelhamsterrad kurzzeitig oder drosseln zumindest die Geschwindigkeit ein wenig. Finden sie regelmäßig statt, machen sie ausgeglichener und lassen den Stress besser verkraften.
Dabei mag der einen oder dem anderen sich wundern, welch alltägliche Dinge ich hier zu meinen Auszeiten deklariere. Ja, es sind keine megaaufregenden, superspektakulären Sachen, die für mich Auszeit, Ablenkung bedeuten und meine persönlichen Inseln sind. Aber dadurch, dass ich sie mir bewusst mache, werden diese Banalitäten groß und (ge)wichtig und deshalb so hilfreich.
Jeder einzelne dieser kleinen Ich-Momente gibt meinem Krebs-Corona-Drama für eine Weile einen Hauch von Komödie, Liebesgeschichte oder Oper. Jeder für sich ist alltäglich und doch wunderbar.
Sind diese Momente egoistisch? Ich sage entschieden „Nein.“ Nur wenn ich meinen Akku in einem guten Lademodus halte, bin ich aufnahmebereit für die Anforderungen des Familien-Trubels und die Unannehmlichkeiten meiner Krebsreise. Ansonsten gerate ich immer tiefer in einen Strudel aus Unzufriedenheit und Erschöpfung und kann irgendwann gar nicht mehr.
Ich selbst bemerke, dass ich mich gut fühle, wenn ich mitten im Chaos nur an mich denke. Das hebt die Laune zumindest zeitweilig, im günstigsten Fall wirkt die Mini-Auszeit sogar den restlichen Tag über nach.
Schlussendlich tut sie dann der ganzen Familie gut. So kann ich mich beispielsweise nach einer Stunde Zeit für mich bei einer Hometrainersession mit anschließender Wellness-Viertelstunde im Bad danach mit Freude in einen Cola-Netflix-Familien-Filmabend stürzen.
In diesem Sinne: Nutzt einen Ich-Moment im heutigen Tag du tankt Kraft für alles Sonstige, was heute und in den nächsten Tagen noch auf eurer Kranken-, Corona- oder Alltags-Agenda steht.