Erleichterung vs. Belastung
Zwischen Tag und Nacht
- Tage und Nächte liegen hinter mir, die alles in ein neues Licht gerückt haben. Die Wichtigkeiten dieses Lebens, die Vergänglichkeit allen Seins.
Zuletzt schrieb ich am Montag. Fast eine Woche ist vergangen. Es ist viel passiert.
Der vorläufige Befund des Pleuraergusses ergab Tumorzellen. Getroffen hat mich das kaum. Zu sehr hatte ich damit gerechnet.
Die Chemo kommt zum Glück mit recht wenig Nebenwirkungen daher, auch wenn ich natürlich nicht immer genau sagen kann was von was kommt.
Der Dienstag war ein guter Tag. Ich kann mich nicht beschweren. Aber danach ging es mit mir abwärts. Am Mittwoch war wieder so viel Wasser da, dass klar war, dass am Donnerstag wieder punktiert werden müsste. Nach meiner Erfahrung von Montag war das für mich eine positive Aussicht. Mit dem Verlauf des Donnerstags rechnete ich aber auch nicht.
Am Mittwoch wurde meine Zimmernachbarin entlassen. Ich bekam eine neue. Eine sehr sehr kranke Frau, die mir unendlich leid tut und der ich so gerne geholfen hätte. Leider fehlte mir die Kraft und die Möglichkeit zu verstehen was sie genau braucht oder will.
Insbesondere die Nacht auf Donnerstag wurde mit ihr im Bett neben mir für mich sehr sehr anstrengend.
Ich nahm ihre Not wahr und konnte ihre Bitten um Hilfe nicht ignorieren. Gleichzeitig war es mir von Stunde zu Stunde weniger gut möglich auch nur aufzustehen.
Ich war unendlich froh, als ich Donnerstag Vormittag, ohne dass ich das selbst hätte erkämpfen müssen, verlegt wurde.
Seitdem teile ich mir das Zimmer mit einer sehr netten Frau, die mir und ich ihr auch mindestens bis Montag erhalten bleiben wird.
Donnerstag Vormittag wollte die für mich zuständige Stationsärztin den Pleuraerguss punktieren. Da es mir zu diesem Zeitpunkt schon recht bescheiden ging, ich kaum mehr atmen konnte und wenn dann unter Schmerzen und eben nicht tief, während meine Sauerstoffsättigung immer weiter sank, war ich absolut bereit und voller Hoffnung.
Leider klappte es nicht. Drei Ärztinnen, drei Versuche, aber jede Spritze verstopfte. Die Flüssigkeit war offensichtlich zu zäh, gerann zu schnell.
Um die Lunge nicht zu verletzen wollte keiner ein Risiko eingehen und man machte für mich einen Termin in der Endoskopischen/Sonographischen Praxis im EG aus. Dort sitzen die Profis.
Den Tag über konzentrierte ich mich auf die Aussicht, dass ich jeden Moment abgeholt würde. Aber es kam keiner. Der zuständige Arzt fuhr ab diesem Tag Notarzt und war leider zu beschäftigt.
Zum Abend hin ging mir wirklich die Luft aus.
Ich konnte keinen Schritt mehr gehen, nahm den Rollstuhl um in meinem Zimmer zur Toilette zu kommen.
Ich hatte keine Idee wie ich über die Nacht kommen sollte. Ich hatte Angst um mein Leben. Aber ich vertraute auch den Ärzten, dass sie eine Punktion die überlebensnotwendig ist nicht nicht machen würden. Ich wartete.
Irgendwann kam die Oberärztin. Sie sah die Not und bat an es selbst zu probieren. Zu diesem Zeitpunkt hätte ich alles hingenommen um wieder atmen zu können.
Es folgten drei weitere Versuche mit verschiedenen Nadeln. Ich glaubte nicht mehr daran.
Jeder Versuch war schmerzhafter als der letzte.
Ich saß in meinem Bett mit dem Gesicht Richtung Fenster. Zwischen Tag und Nacht. Ich betrachte den Himmel und die Menschen im Gebäude gegenüber. Ich hatte freien Blick auf die Kreißsäle. Draußen würde es immer dunkler.
Nach einer gefühlten Ewigkeit hatten 1,5l blutrotes Wasser meinen Pleuraspalt verlassen, draußen war es Nacht und ich war vollkommen erledigt, aber super erleichtert.
Das Atmen fiel mir dann aber dennoch sehr schwer. Meine Lunge musste sich ihren Platz erst wieder suchen und mein Rippenfell war durchlöchert und dementsprechend gereizt.
Die Oberärztin, die ich sehr schätze, stellte dann noch einige Fragen, die mir doch sehr genau vor Augen führten wie es um mich steht. Sie wollte gerne für den Nachtdienst notieren welche Reaktion ich mir erwarte/erhoffe falls meine Lunge in der kommenden Nacht ihren Dienst einstellt.
Wir unterhielten uns über Reanimation und künstliches Koma, über das Abschied nehmen und den Einsatz von starken Medikamenten die mir das so oder so unmöglich machen würden.
Nach diesem Gespräch informierte ich meine Familie über die erfolgreiche Punktion, aber auch über die Ernsthaftigkeit der Lage.
Dann bekam ich Morphium und schlief die ganze Nacht durch.
Ich habe diese Nacht überstanden und auch die nächste. Ich bin zuversichtlich, dass ich auch morgen noch hier sein werde.
Jetzt im Moment bin ich sogar ganz optimistisch, dass das Eribulin anschlägt und mir die Zeit verschafft mir eine andere Therapie zu suchen um langfristig wieder gesünder und idealerweise krebsfrei zu werden.
Ich jedenfalls gebe die Hoffnung nicht auf. Ich bin ein ungebrochener Optimist!
Das hier ist ein *nachts unter Morphin Text*. Ich werde ihn vielleicht die Tage Korrektur lesen. Mal sehen. Verzeiht mir bitte Fehler.