Erleichterung vs. Belastung
Wenn dich plötzlich etwas triggert…
Schönes Wetter. Flanieren mit der Familie durch ein Bodenseestädtchen. Bunte Regenschirme flattern im Wind. Eigentlich ist alles gut. Aber irgendwie triggern die Regenschirme mich…
An den meisten Tagen fühle ich mich gut beschützt. Da bin zuversichtlich, dass sämtliche medizinische Regenschirme mich schützen. Da bin ich mir sicher, dass die Chemomedikamente, die Strahlen und die Antikörperinfusionen den vorgesehenen Effekt haben. Da glaube ich fest daran, dass die kleine Tablette, die ich jeden Tag schlucke, die Krebszellen auch zukünftig im Schach hält. Da bin ich überzeugt davon, dass ich mit meiner Lebensweise alles dafür tue, um gesund zu bleiben.
An diesen Tagen gehe ich beschwingt unter den Regenschirmen hindurch und falls ich doch einen Tropfen in Form einer Neben- oder Nachwirkung abbekomme, dann zucke ich nur mit den Schultern. Was soll’s? Ich bin krebsfrei und das ist es, was zählt.
An anderen Tagen allerdings da wird aus der Windstille eine leichte Brise oder es herrscht gar Sturm. Dann wehen meine Regenschirme weg und ich stehe mittendrin im Schlamassel. Da wehen Wörter wie „Rezidiv“, „Metastase“ und „palliativ“ zu mir herüber.
Dann werde ich ängstlich, dann fühle ich mich ungeschützt. Dann zweifle, dann hadere, dann weine ich. Dann bin ich traurig, weil die Leichtigkeit von „vor dem Krebs“ weg ist.
Ich weiß: Solche Tage gehören dazu, wenn einmal der Krebs in deinem Leben war. Solche Tage dürfen sein. Solche Tage müssen wohl ab und zu sogar sein. Sie erden mich. Sie bewahren mich vor allzu positiven Höhenflügen. Sie halten mich wachsam.
Heute war so ein Tag und ich nehme nun meine Angst an die Hand, gehe ins Bett und hoffe auf einen schönen Traum, in dem bunte Regenschirme im Wind flattern und mich beschützen.
Morgen ist ein neuer Tag und ich wünsche mir, dass er möglichst windstill ist.
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