Erleichterung vs. Belastung
Was der Mann alles muss
Von einem zeitgemäßen Männerbild sind wir noch meilenweit entfernt
Der Mann muss stark sein, Ernährer der Familie, Stammhalter. Er muss jemand sein, der bleibende Werte schafft, die über unzählige Generationen weitergereicht werden müssen. Anpacken muss er können, muss potent sein, muss seine Herrschernatur herausstreichen können, muss zeigen, dass ihm gottgegeben alles andere untertan ist. Der Mann muss ganz schön viel, aber muss er all diesen Erwartungen wirklich gerecht werden?
Der Mann von heute könnte beispielsweise den wichtigsten Muskel des Menschen, das Gehirn, einschalten und sich althergebrachten, kulturell und traditionell in die Gesellschaft eingebrannten Normbildern nicht mehr anbiedern. Es ist allseits bekannt, dass es darum geht, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Gestalten wir dieses doch bitte im wohlwollenden Einklang mit Mitmenschen, ohne Machtverhältnisse aufzubauen oder unhinterfragt auszunutzen.
Wäre es nicht sinnvoller, des Mannes Köpfchen für facettenreichere Betrachtungen zu verwenden, als darüber zu grübeln, welche Bohrmaschine als Nächste aus dem Baumarkt in der eigenen Werkstatt verstaubt, welche erdölmotorisierte Karosse als Nächste die Hauseinfahrt verstellt und welches Konkurrenzunternehmen als Nächstes ohne Rücksicht auf die Beschäftigten aus dem Markt verdrängt wird? Uns wurde vorgelebt, dass es in der Denke des Mannes ausschließlich darum geht, immer mehr zu haben und stets besser zu sein, als andere. In einer begrenzten Welt ist es aber nicht möglich, grenzenlos zu wachsen. Abgesehen davon sind wir nicht besser als andere, denn wir sind alle einfach nur Wesen der Spezies Mensch, und wir haben bereits das beste, das zum Überleben notwendig ist: einen Körper.
Was wirklich zählt
Ginge es nach mir, muss der Mann von heute vor allem eines tun: Er muss sich um seinen Körper kümmern, denn das ist der einzige Grund, warum er überhaupt lebt.
Oh, es gibt noch eine zweite Sache, die er tun muss. Er muss sich bewusst sein, an jedem Tag und zu jeder Stunde, egal, in welchem Vorstandsmeeting er gerade spricht oder aus dem Fenster blickt und in Erinnerungen an den jüngsten Affärensex schwelgt, egal, auf welchem Gerüst der beliebigsten Gewerbebaustelle er herumklettert, dass allein mit der Tatsache, dass er einen Körper sein Eigen nennt, er diesen am Ende verlieren wird. Wie das Amen im Gebet. Das Leben ist tödlich, zumindest jenes in unserer aktuellen, materiellen Erscheinung. Alles andere ist nicht überliefert.
Der Mann muss zart sein
Ich plädiere für ein zarteres Männerbild, eines, in dem er nicht immer stark sein sollte, in dem er nicht immer der Beste und Leistungsfähigste sein sollte, in dem er auch in sich gekehrte Momente zeigen darf, in dem die einzigen tolerierten Emotionen nicht nur Ärger, Wut und Zorn sind, in dem Gefühle der Angst und Sorge Platz haben dürfen. Ich wünsche mir ein weiches Männerbild, in dem jedes männliche Individuum sein persönliches Leben und Erleben frei von Schablonen reflektiert betrachten kann, ohne als gefühlsduselig oder „weiblich“ hingestellt zu werden. Das brächte uns, letztlich jedem einzelnen Mensch, eine facettenreichere Darstellung des Manns.
Wer glaubt, dass das von Schwäche zeugt, den muss ich enttäuschen. Beschäftigung mit den ureigenen Dämonen ist nachhaltiger als jedes Wegsperren, Verleugnen und Ignorieren. Und die eigene Persönlichkeit gewinnt dadurch an Tiefe.
Männer dieser Welt, löst euch von den Rollenbildern, die auf euch projiziert werden. Hinterfragt, welche Beziehungen und Emotionen Priorität haben und überlebensnotwendig sind. Auf welche Dinge könnt ihr verzichten, um ein leichteres Leben zu erlangen? Was wird letztlich zählen, wenn ihr im Totenbett liegt? Und bitte überlegt, wie ihr euren Körper gesund und fit halten wollt, denn es ist der Einzige, den ihr habt.
Einen inspirativen Internationalen Männertag,
Alexander Greiner
Im Jahr 2015 zählte die Statistik Austria knapp 40.000 Neuerkrankungen an Krebs, wobei Männer mit 21.000 häufiger betroffen waren, als Frauen. Das liegt unter anderem daran, dass Männer seltener Vorsorgeuntersuchungen wahrnehmen und Krankheit nicht zum gesellschaftlichen Bild passt. Die frühe Erkennung einer Krebserkrankung kann die Prognose wesentlich beeinflussen und für die Chance einer Heilung entscheidend sein.