Erleichterung vs. Belastung
Warum ich? – oder besser WHY NOT?
Warum ich? – oder besser WHY NOT?
Es war ein wunderschöner Herbsttag und wir waren mit einem befreundetem Paar wandern. Ich mag beide sehr gerne und so sind auch Gespräche möglich, die ein wenig tiefer reichen und wo es ganz besondere Menschen braucht, um überhaupt erst auf ein Thema zu kommen.
„Weißt du, ich habe mich lange Zeit gefragt, warum mir, uns das passiert ist?“ So begann der Satz meiner lieben Begleiterin. „Das hat mich lange beschäftigt, warum muss ich das erleben, was habe ich falsch gemacht? Und ehrlich gesagt ich fühlte mich wirklich auch vom Himmel im Stich gelassen!“
Ich schaute sie von der Seite an und dachte nur, “ja das kenne ich”. Obwohl unsere Geschichte nicht unterschiedlicher sein konnte. Es war die tiefe Trauer, nach dem Tod ihrer Tochter. Kurz vor der Geburt starb das Kind und noch nach Jahren war, auf den ersten Blick, diese Frage im Vordergrund:
>Warum ich, weshalb in unserer Familie? Was haben wir übersehen oder falsch gemacht.
Das hat mich wirklich überrascht
Doch dann kam im nächsten Satz eine Aussage, die mich heute noch ganz zart und weich werden lässt. Sie erzählte mir, dass sie eine alte Frau getroffen hat. 3-4 Monaten nach diesem Ereignis und diese ihr einen Impuls ans Herz gelegt hatte, der wie ich finde auch hier in diesem Rahmen seinen Platz hat:
„Weshalb nicht? Welchen Grund denkst du könnte es geben, dass dir in deinem Leben keine dieser Katastrophen begegnen? Diese Antwort, so beschrieb es meine Bekannte war ersteinmal eine ganz schöne Keule. Doch dann wurde ihr klar, dass darin auch eine große Entlastung verborgen war.
Denn alles andere würde heißen, dass wir je nach Glaubenssystem nur besonders brav oder besonders erfolgreich sein müssten, und das Leben würde uns von Natur aus mit Zuckerstreuseln überziehen.
Es würde bedeuten, dass wir alles im Leben regeln und meistern können.
Das Leben wäre wie ein zuckersüßer Donut – dein Geschmack?
Meiner eher nicht.
- Nur das richtige tun, denken, essen und alles läuft perfekt?
- Immer brav sein und zur rechten Zeit ins Bett?
- Eine perfekte Work-Life Balance und alles ist in trockenen Tüchern?
Ich war überrascht über diese Aussage, gibt es doch immer Dinge im Leben, die uns so tief treffen, dass ein zurück in den Alltag kaum mehr möglich erscheint. Dennoch war meine Begleiterin nach eigenen Aussagen seit diesem Satz, den die alte Dame an sie gerichtet hatte, im Reinen mit sich.
Sie fühlte sich nicht mehr falsch und war nicht mehr auf der Suche nach Schuld. Aus meiner Sicht hatte diese Frau, unbekannterweise, auch bei mir einen wunden Punkt getroffen. Gehöre ich von Natur aus nach den Sinnsuchern, die gerne auch den Dingen auf den Grund gehen, weiß ich aus Erfahrung, das kann auf Dauer echt beschwerlich werden.
Wie blind sind wir Menschen, wenn wir denken, wir könnten alles meistern und regeln.
Bitte vorher anklopfen
Ich mag es gar nicht, wenn von außen jemand ungefragt nach den Fehlern in meinem System sucht. Doch wie oft machen wir es selbst und versuchen den Auslöser für das Dilemma zu finden. Geht es darum aktiv nach neuen Strategien und Möglichkeiten für einen guten Lebensweg zu finden oder ungesunde, unpassende Gewohnheiten abzulegen, die uns belasten, ist das sicher sinnvoll. Kommen Schuldzuweisungen, Scham, Ängste oder im schlimmsten Fall Hass auf sich selbst und andere ins Spiel öffnet sich ein Feld, das wirklich nicht hilfreich ist.
Wie fühlt sich der Gedanke für dich an, dass wir, obwohl wir unser Bestes geben zutiefst verletzliche und zarte Wesen sind. Wir müssen nichts falsch oder richtig gemacht haben und können dennoch vom Leben herausgefordert werden. Wir können uns entscheiden unser Leben neu zu gestalten, wenn wir so eine tiefe Krise wie Krebs erleben.
Doch wir müssen das nicht. Es gibt keine Instanz, die sagt:
„Ach da machen wir mal ein bisschen Krebs, dann wird das schon!“
Diese Dinge habe ich als Kind dem Herrn Pfarrer schon nicht geglaubt und obwohl ich mich als eine spirituelle Frau sehe, glaube ich das auch heute nicht. Krebs ist ein Teil unserer Lebensrealität und wenn sich darin ein Sinn verbergen kann, dann ist es ein besserer und achtsamer Umgang mit dem Leben an sich.
Die Herausforderung annehmen und mit möglichst viel Milde auf sich selbst achten. Den Humor nicht verlieren und dem Leben immer wieder aufs neue vertrauen. Wenn das TROTZ und nicht wegen dieser Geschichte gelingt, beschreibt das meinen Blick auf die Ereignisse und die Meisterschaft, die eine lebensbedrohliche Erkrankung mit sich bringen kann.
Dabei gilt, wir können unser Leben lang üben ein Meister zu sein und das reicht vollkommen, um glücklich und erfüllt zu sein.
Deine LebenskräfTigerin®
Martina