Erleichterung vs. Belastung
Mein Gift zum Wochenende
Feitag ist ein Scheißtag für die Chemoinfusion. Ich würde mich gerne aufs Wochenende freuen, die Tage an denen mein Freund und meine Tochter Zuhause sind gemeinsam genießen, aber für die nächsten Wochen muss ich immer Freitags zur Chemotherapie. Der Samstag geht dann noch gesundheitlich, aber die Vorfreude ist trotzdem weg.
Jetzt gerade sitze ich im Taxi ins Krankenhaus.
Heute bekomme ich nur Nab-Paclitaxel (Handelsname Abraxane). Anders als “normales” Paclitaxel ist Nab-Paclitaxel nicht gelöst. Das birgt einige Vorteile. Da das Lösungsmittel oft zu allergischen Reaktionen führt kommt man so mit sehr viel weniger Beimedikamention aus und kann auch insgesamt etwas höher dosieren. Das wiederum führt zu einer geringfügig besseren Ansprechrate. In der Erstlinientherapie hatte ich bereits 12 Wochen Paclitaxel.
Man verdrängt ja schnell, aber meine Erinnerung sagt mir das war auszuhalten. Kaum Übelkeit, nicht die gleiche Müdigkeit wie unter den anderen Zytostatika.
Wenn ich also dieses Mal, mit Nab-Paclitaxel, mit noch weniger Nebenwirkungen auskomme sollte es mir eigentlich die nächsten zwei Wochen nicht so schlecht gehen.
Soweit die Theorie. Die nächsten Tage werden es zeigen.
Das Wetter heute ist traurig. Es regnet, aber nicht so richtig, es ist nicht kalt, aber auch nicht warm, nicht richtig hell, aber düster ist es auch nicht. Es ist wie meine Stimmung. Einfach irgendwie. Nicht gut, nicht schlecht.
Ich mag den Frühling. Ein bisschen Sonnenschein wäre schön. Aber wer will schon einen schönen Frühlingstag im Krankenhaus verbringen? Da kommt es mir fast gelegen, dass es heute nichts zu verpassen gibt.
Seit gestern Abend hab ich sehr starken Durchfall. Die Schmerzen gestern haben mir die Tränen in die Augen getrieben. Alles was mir in solchen Momenten hilft ist die Gewissheit, dass es vorbeigehen wird, dass dieser Zustand nicht ewig andauern kann.
Jetzt, hier im Taxi und gleich im Krankenhaus, trage ich einen Windelslip. Eine ganz pragmatische Entscheidung. So bin ich auf der sicheren Seite. Unter anderen Umständen würde ich mich nicht weiter als einige Meter von meiner Toilette entfernen.
Ich versuche möglichst wenig Zeit damit zu verbringen meinem Zustand und meinen Beschwerden Raum zu geben und möglichst viel Zeit, innerhalb meiner Möglichkeiten, zu genießen.
Das Gift macht keinen Körper kaputt, aber nicht mich.
Die Sonne ist rausgekommen. Ich bin gleich am Ziel. Ein paar Sonnenstrahlen werde ich sammeln und mit hinein nehmen und vielleicht empfängt mich die Sonne ja auch, wenn ich heute Nachmittag wieder aus dem Krankenhaus komme.