Krebs – Liebe – Punkt NULL
Mein erstes Mal Brustkrebs
Der Anfang
Es war Anfang 2008 als ich nach dem Duschen, beim eincremen, einen kleinen Knoten in meiner linken Brust außen ertastete.
Erst dachte ich, das ist bestimmt ein Hämatom (kleiner blauer Fleck) durch den Bügel in meinem schlecht sitzenden BH. Er hatte mich den ganzen Tag schon genervt und gezwickt. Am nächsten Tag war das Ding immer noch da. Also beschloss ich, wenn das am nächsten Tag nicht weg sei, mache ich mir einen Termin bei meinem Gynäkologen.
Natürlich war das Ding nach drei Tagen nicht weg, also ging ich ein paar Tage später zu meinem Termin.
Der Arzt tastete die Brust ab und machte einen Ultraschall, es sah wie ein kleiner breiter Stern aus. Danach sagte er zu mir: “Ja, das kann ein Hämatom sein, ein Hamartom *(Als Hamartome bezeichnet man tumorartige, gutartige Gewebeveränderungen, die durch fehlerhaft differenziertes bzw. versprengtes Keimgewebe entstehen.) oder eine kleine Flüssigkeitsansammlung. Genau kann ich das leider nicht auf dem Ultraschall sehen, aber machen Sie sich keine Sorgen für was Ernstes sind Sie noch zu jung! Da wird schon nichts sein!” Er sagte, ich solle in ein Brustzentrum gehen, leider kenne er keins in der Nähe und ich solle mich doch mal im Internet schlau machen. Er würde mir dann eine Überweisung ausstellen, wenn ich was passendes gefunden habe.
Also suchte ich im Internet nach passenden Kliniken in der Nähe meines Wohnortes. Ich fand ein zertifiziertes Brustzentrum im Norden von Berlin und machte mir dort einen Termin. Zu diesem Termin, Ende Februar 2008, nahm ich mir Unterstützung in Form meiner Eltern mit. Sie waren genauso nervös und angespannt wie ich, aber ich wußte das sie an meiner Seite waren.
*Hamartom Quelle: DocCheck Flexikon
Die Biopsie
Das Klinikum war riesig. Ich meldete mich an und wir warteten eine ganze Weile bis ich endlich dran war. Der Arzt kam, machte einen Ultraschall und sagte mir gleich, dass er eine Biopsie machen möchte. Ich musste verschiedene Erklärungen ausfüllen und schon wieder warten.
Nach einer ganzen Weile ging ich wieder in den Raum. Die Schwester hatte bereits Spritzen, ein Skalpell und Verbandsmaterial auf einen kleinen Tisch neben der Liege platziert. Ich wurde noch nervöser und angespannter. Der Arzt erklärte mir, dass er jetzt erst mal mit dem Ultraschall die Stelle noch einmal genau suchen, den Bereich dann desinfiziert, danach die Stelle betäuben und einen kleinen Einschnitt machen müsste. Gesagt getan. Danach kam er mit einer langen Nadel und versuchte, unter Ansicht im Ultraschall, die Stelle zu finden. Jetzt drückte er den Knopf am anderen Ende der langen Nadel. Es war sowas ähnliches wie ein Schuss zu hören. Nach dem zweiten Schuss hatte ich starke Schmerzen. Er zog die Nadel aus mir raus und legte das Gewebe, was vorne in der Nadelspitze war, in einen kleinen Plastikbecher mit Flüssigkeit. Ich hoffte, dass ich es überstanden hätte. Die Tränen rannen mir über mein Gesicht. Er sagte zu mir, dass er noch zwei bis drei weitere Male Gewebe entnehmen müsse. Ich bat ihn, mir noch mehr Betäubung zu spritzen, da ich sonst dieses Procedere nicht aushalten würde. Somit bekam ich eine weitere Ladung mit Betäubung und er wartete ein paar Minuten, damit die Wirkung auch einsetzen konnte. Ich beruhigte mich etwas, aber mein Körper rebellierte und ich begann ordentlich zu schwitzen. Nach zwei Minuten setzte er die Entnahme fort. Nachdem er noch zwei Mal Gewebe entnommen hatte, konnte ich nicht mehr und bat ihn damit aufzuhören. Er willigte ein, säuberte die Wunde und legte einen Druckverband an.
Zum Abschied sagte er mir noch, dass ich in 7 bis 10 Tagen das Ergebnis der Biopsie bekommen werde. “Wir rufen Sie an!”
Habe ich schon erwähnt, das warten nicht so meine Stärke war!🫣
Nach der Biopsie ging es nach Hause, mit Schmerzen im Gepäck und einem flauen Gefühl im Magen. Zu Hause angekommen legte ich mich, mit einem Eisbeutel bewaffnet, erst mal auf die Couch um meinem Körper die Ruhe zu geben, die er seit Stunden verlangte. Am nächsten Tag durfte ich den Verband entfernen. Meine Brust schmerzte und leuchtete in rot, blau und einem violetten Ton, so sah sie noch nie aus.
Der Arzt hatte mich drei Tage krank geschrieben, worüber ich echt dankbar war und die Tag nutzte ich auch um mich auszuruhen.
Am 4. Tag ging ich wieder zur Arbeit, vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass ich zu der Zeit noch als Krankenschwester in einer Leasingfirma (Leiharbeit) tätig war. Da ich zu dem Zeitpunkt selbst noch nicht wußte was mit mir los war, machte ich keine Angaben bei meinem Arbeitgeber. Und es kam wie es kommen musste, ich wurde auf eine gynäkologische Station in ein Krankenhaus geschickt. Dort betreute ich eine ältere Dame mit Brustkrebs. Bei ihr war der Krebs schon so weit gewachsen, dass er aus der Brust heraus wuchs. Beim Verbandswechsel sah ich mir den Tumor genau an und fragte Sie, warum Sie sich nicht behandeln lassen möchte? Ihre Antwort versetzte mir einen Stoß in die Magengrube: “Ich bin eine alte Frau, habe viel erlebt und werde mich jetzt hier nicht hinsetzen und eine kräftezehrende Therapie, mit Chemotherapie, über mich ergehen lassen.” Ich nahm die Antwort hin und drängte Sie nicht weiter. Nach der Arbeit fuhr ich mit abschweifenden Gedanken nach Hause.
Ein paar Tage später schickte mich meine Leasingfirma in ein Hospiz. Diese Arbeit war noch viel schwieriger für mich, da in mir die Angst aufkam, was wohl bei meiner Biopsie rauskam?
Nach 7 Tagen hielt ich das Warten nicht mehr aus und rief in der Klinik an. Leider war mein Ergebnis noch nicht da, ich solle mich gedulden und sie würden sich melden.
Nach ganzen 14 Tagen kam dann der Anruf, dass ich in die Klinik kommen sollte. Zur Unterstützung nahm ich meinen Papa mit. Wir meldeten uns an und durften mal wieder im Wartebereich platz nehmen. Ein Arzt kam vorbei und teilte mir folgendes Ergebnis mit:
- keine beweisenden Veränderungen im vorliegenden Material
- es sollte jedoch eine weitere bioptische Abklärung erfolgen
Mir trieb es die Tränen in die Augen und Wut stieg in mir auf. Was hatte der Arzt da bitte beim letzten Mal gemacht? Ich war geschockt und brauchte einen Moment um das erst mal zu verarbeiten.
Im nächsten Moment sagte er mir, dass ich einen neuen Termin für eine weitere Biopsie vereinbaren soll.
Ich ging also zur Anmeldung und vereinbarte einen zweiten Termin.
Biopsie die Zweite
Die erste Biopsie lag jetzt rund fünf Wochen zurück, als wir wieder auf dem Weg in die Klinik waren.
Zur Unterstützung nahm ich wieder meine Eltern mit. Wir meldeten uns an und durften mal wieder im Wartebereich platz nehmen. Es dauerte wieder eine ganze Weile bis uns eine Ärztin, die ich nicht kannte, aufrief. Sie erklärte mir wieder das Procedere der Biopsie. Ich sagte ihr sofort, dass Sie mir gleich mehr Betäubung spritzen sollte, da ich das sonst nicht aushalten würde. Dieses Mal ließ sie sich mehr Zeit, damit die Betäubung besser wirken konnte. Nach fünf mal Schießen war sie dann auch endlich fertig. Ich war komplett nass geschwitzt und mein Herz pochte in meinen Ohren.
Nachdem sie den Verband angelegt hatte, sagte sie mir wieder: “Wir melden uns, wenn der Befund da ist!”
Dieses Mal ging alles viel schneller. Nach 4 Tagen kam der Anruf, dass ich wieder in die Klinik kommen sollte. Zur Unterstützung nahm ich wieder meinen Papa mit. Wir meldeten uns an und durften ein weiteres Mal im Wartebereich platz nehmen.
Es kam die Ärztin von der Biopsie auf mich zu und führte uns in ein Arztzimmer. Sie sagte mir, dass das Ergebnis jetzt vorliegen würden.
- ich hätte einen DCIS (duktales Carcinoma in situ), also eine nicht invasive Form des Brustkrebs
Als sie weitere Ausführungen machen wollte, kam ein Assistenzarzt hinein und stellte der Ärztin fragen. Ich saß da und es fühlte sich wie in einem falschen Film an. Ich war geschockt, ängstlich, wütend, alles auf einmal. Der Assistenzarzt verließ das Zimmer, eine Minute später klopfte es schon wieder an der Tür. Hatten die Leute da draußen gerade nichts anderes zu tun als an diese Tür zu klopfen? Mir wurde gerade gesagt das ich Krebs hatte, ich habe was? Meine Gedanken sprangen von einem Thema zum nächsten, die Zeit schien still zu stehen.
Erst als die Ärztin wieder anfing mit mir zu reden, kam ich ein Stück in den Moment zurück. Sie erklärte mir, das ich eine Mammographie bräuchte und das ich schnellstmöglich einen OP-Termin bekommen werde. Ich fühlte mich wie in einer Blase!
Minuten später fand ich mich im Auto wieder und wir fuhren nach Hause. Die Tränen rannen über meine Wangen und wollten nicht enden!
Wie war das bei dir?