Unter dem Motto „talk about cancer“ beschäftigen wir uns mit den vielen Facetten einer Krebserkrankung.hello@kurvenkratzer.at

Du musst nur positiv denken, dann wird das schon

Wir haben einen schlechten Tag und dann kommt jemand mit der Frage „Wie geht es dir?“. Und da denke ich mir dann, soll ich die Wahrheit sagen oder soll ich einfach “Eh gut” sagen und über etwas anderes reden?

Meistens sage ich das auch und dann folgt die Frage “Und selber?” Oft ist es dann so, dass uns der gegenüber sein Leid erzählt und wir sollen ja auch Verständnis für seine Situation aufbringen. Das tun wir auch. Meistens. Kaum sagt man jedoch, wie es einem tatsächlich geht oder etwas über das eigene Leid erzählt, schon fällt der Satz “Du musst positiv denken”.

Oder auch sehr beliebt “Du solltest dich auch auf die andere Sachen konzentrieren, nicht nur auf deine Krankheit(en)”. Ich “liebe” diesen Satz und bin sicher, ihr auch. Als hätten wir eine Wahl. Jetzt denke ich mal daran, dass draußen die Sonne scheint und puff!, schon ist meine Herzinsuffizienz weg. “Du solltest nicht nur an deine Krankheit denken”. Tue ich auch nicht, aber sie ist da. Teil meines Körpers, ich kann sie nicht auslöschen, obwohl ich das am liebsten würde.

Wenn es um mich geht, kann ich behaupten, dass ich positiv denke, nur unterscheidet sich das im Wesentlichen von dem, was sich mein Umfeld oft darunter vorstellt. Für mich bedeutet das, sich damit zurecht zu finden, was man hat. Die Situation akzeptieren und schauen wie ich damit am besten Leben kann. Ich habe mich noch nie in der Opferrolle gesehen oder wie ein Opfer gefühlt. Das ist mein Leben und egal wie viele Rückschläge, Schicksalsschläge oder wie wir es schon nennen wollen, es geben wird, es ist meins und das einzige was ich habe.

Und jedes Mal habe ich zwei Möglichkeiten: Entweder gebe ich auf oder ich kämpfe. Ich entscheide mich immer fürs Weitergehen, weil ich mir nie vorwerfen will “hätte ich doch damals..” oder “was wäre wenn…” Das ist das eine.

Das andere, woran ich mich halte, ist, wozu verzweifeln, wenn es mir nichts bringt. Sich viel zu viel Sorgen machen, ohne das ich eingreifen kann. Wenn ich weiß, ich kann etwas verändern, dann werde ich das auch tun. Wenn ich an meiner Situation jedoch nichts ausrichten kann, dann ist jede Sorge, jeder Gedanke, vergebene Mühe. Und das ist ein wesentlicher Teil meines Alltags. Sicher kann ich mir meinen Kopf zerbrechen, was in ein paar Jahren sein wird, aber was nutzt mir das? Ich weiß nicht mal ob ich diese Zeit erleben werde.

Und das ist der zweite Teil. Viele Menschen verstehen diese Einstellung nicht und können sich auch ein Leben ohne Pläne nicht vorstellen. Haben Visionen. Sagen “Mach, alles, was du dir vorstellst, kann wahr werden”. Aha. Anscheinend saß ich in der Vergangenheit auf meiner Couch und dachte “Eines Tages, wenn ich das mit der Herzinsuffizienz erledigt haben werde…” oder “Wenn bei mir Brustkrebs diagnostiziert sein wird…” oder “Das wird ein Gaudi, Herzinsuffizienz und Brustkrebs gleichzeitig…”. So viel über Visionen.

Als hätten wir uns alle vorgestellt, wir werden eines Tages Krebs haben. Unsere Visionen. Wir hatten und haben immer noch Träume, ich zumindest. Die Sache ist jedoch leider die: Jedes Mal, als ich dachte, liebes Leben, jetzt wäre ich so weit für eine größere Veränderung, folgte die Antwort “Hold my beer!” und aus war’s. Schon wieder musste ich meine Scherben zusammenkehren. Macht mich das zum Opfer? Nein. Das ist das Leben. Mal auf, mal ab. Wenn die Linie gerade verläuft, dann lebt man nicht mehr. Dann ist es aus. Schwere Zeiten lehren uns die guten zu erkennen.

Sicher hätte ich auch verzweifeln können und das habe ich manchmal auch. Ich war verzweifelt. Meine dunkelsten Stunden waren sehr, sehr dunkel.  Jedoch, nach einer Weile, sich wieder aufrichten und schauen, wie es weitergehen kann, das ist auch das Leben. Und nur so geht es weiter. Ich will vorwärts, nicht stehen bleiben, schauen was möglich ist.

Wir wissen nicht, was uns erwartet und das ist gut so. Machen wir uns nicht zu viele Gedanken, was die Zukunft bringen wird (im negativen Sinne), hoffen wir das beste, weil an manchen Sachen können wir eh nichts verändern. Es ist wie es ist, wir haben (meistens) keinen Einfluss darauf, ob wir krank werden oder gesund bleiben, nur darauf, wie wir mit der Krankheit oder unserem Leben umgehen. Wie wir den Dingen begegnen, die uns unser Dasein auf den Weg stellt. Aus Steinen kann man eine Mauer bauen oder aber einen Palast. Und ich entscheide mich immer für den Palast. Die Mauer lassen keine Licht hinein. Das, meine Lieben, ist positives Denken, wie ich es verstehe.

Nicht nur Visionen, schöne Pläne oder große Träume. Die hatten wir alle, und trotzdem kam es anders. Also dürfen wir manchmal auch negativ denken, aber nicht zu oft, damit es nicht zur Gewohnheit wird, denn kaufen können wir uns nichts dafür. Wenn wir uns jedoch an unserem Leben erfreuen, so wie es ist, können wir es wieder spüren. Das Glück.

Ganz liebe Grüße und bis zum nächsten Mal

Miri

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