Erleichterung vs. Belastung
Die große Frage: schlägt die Chemo an?
Wie hat es mein behandelnder Arzt so schön gesagt: wir fahren auf Sicht.
Keiner weiß, ob die Chemo helfen wird oder nicht. Klar ist, dass der Befund wie er ist höchstwahrscheinlich inoperabel ist. Die Chemo soll das ändern. Meine letzte Chemo ist kein Jahr her. Die Ärzte sind sehr verschiedener Meinung, ob eine erneute Chemotherapie helfen kann. Fakt ist, dass Krebszellen mit der Zeit Chemoresistent werden. Eine Chemotherapie wirkt nicht ewig gegen den gleichen Krebs. Wenn einzelne Krebszellen die letzte Chemotherapie überlebt haben und sich dann wieder vermehrt haben ist die Wahrscheinlichkeit, dass man mit einer erneuten Chemotherapie eine Wirkung erzielt jedenfalls sehr viel geringer, als bei der ersten Therapie.
Nun ist es ja aber auch möglich, dass der Krebs auf der anderen Seite eine Neuerkrankung ist, dass es sich nicht um chemoüberlebende Zellen handelt die die sichtbare Krebserkrankung auf der rechten Seite erzeugt haben. Dann wäre die Chemotherapie mit Sicherheit eine sehr gute Waffe in diesem Feldzug.
Schön ist auch, dass man den inflammatorischen Krebs, wie ich ihn habe, sehen kann. Er äußert sich als deutlich sichtbare Rötung der Haut. Deshalb lautet der Plan, dass wir die Chemotherapie einfach starten und den Krebs beobachten. Sollte der Krebs weiter wachsen wird sie abgebrochen und die Chirurgen versuchen ihr Bestes. Sollte der Krebs sich nicht verändern wird die Chemo auch nicht zu Ende gebracht. Kann man keinen Rückgang wahrnehmen wird zwischen der 4. und 6. Infusion entschieden wie weiter vorgegangen wird. Wenn die Chemo sichtlich anschlägt wird sie 12 Wochen durchgezogen.
Man kann sich sicher gewissermaßen vorstellen wie es mir damit gerade geht. Ich beobachte die Rötung. Immer wieder schaue ich mir die Haut an und bin erleichtert, dass ich zumindest nicht feststellen kann, dass die Rötung größer wird. Kleiner wird sie allerdings auch nicht. Wie schnell man das Chemoansprechen sehen können würde kann mir keiner sagen. Nach 4-6 Wochen sollte man etwas davon sehen können hieß es.
Ich bin gespannt. Ich habe auch einen kleinen neuen Tumor. Wie eine Erbse unter der Haut, vielleicht etwas größer, war er plötzlich da. Ob es Krebs ist wurde nicht weiter untersucht. Ich gehe davon aus. Seit heute früh ist er deutlich schlechter zu tasten. Ich interpretiere das als sehr gutes Zeichen und bin verhalten optimistisch, dass die Chemo anschlägt. Genaueres weiß ich hoffentlich in den nächsten Wochen.
Nach der Chemotherapie wird auf jeden Fall operiert und dann kommt es darauf an. Das Ziel ist ein sogenannter R0 Status. Wenn der nicht zu erreichen ist habe ich kaum eine Chance. R0 bedeutet, dass es keinen Resttumor gibt. Der Krebs wurde so weiträumig entfernt, dass die Schnittränder des entfernten Gewebes frei von Tumorzellen sind.
Nach meiner ersten Operation hatte ich einen R0 Status. Jedenfalls offiziell. Ich zweifle im Rückblick daran und könnte mir gut vorstellen, dass in der belassenen Haut noch Krebszellen waren. Andernfalls kann ich mir das schnelle Wiederauftreten und den räumlich so schnell so ausgedehnten Befund nur wenige Wochen nach der OP nicht erklären. Dieses Mal muss es perfekt sein. Nichts darf übrig bleiben. Und damit das überhaupt möglich ist muss die Chemo wirken.