Erleichterung vs. Belastung
Das ist keine Glatze, das ist eine ausgefallene Frisur
„Das ist keine Glatze, das ist eine ausgefallene Frisur“
Im April 2020 bekam ich meine erste von 16 Einheiten Chemotherapie. Meine Onkologin hatte mich im Vorfeld darauf vorbereitet, dass die Art und Dosierung meiner Chemotherapie 💊in jedem Fall zum vollständigen Haarverlust führen wird.
Soweit so gut. Mir war völlig klar, dass ich mir auf gar keinen Fall durch die Haare streichen und danach büschelweise lange Strähnen in den Händen halten möchte. Ich wollte auch nicht morgens in einem Meer von Haaren aufwachen. Aus diesem Grunde habe ich mich dazu entschieden, mir die Haare im Vorfeld raspelkurz zu schneiden 💇🏼♀️, um den Prozess des Haarausfalls für mich erträglicher zu machen.
Der Plan stand und die erste Chemotherapie rückte näher. Tag für Tag schob ich die Umsetzung auf und fasste dann einen Tag vor der ersten Chemo endlich genügend Mut. Ich nahm auf einem Stuhl platz und mein Partner schaltete den Elektrorasierer an. Das Surren des Rasierers und das erste Ansetzen auf der Kopfhaut kann ich jetzt noch hören und spüren.
Strähne für Strähne der langen, blonden Mähne fiel zu Boden und bei jeder Strähne flossen Tränen. Tränen bei mir, Tränen bei meinem Partner. Eine ganz schlimme und emotionale Situation für uns beide. Das Leid ließ sich kaum ertragen. 😔
Das Abrasieren der Haare war ein Ankommen der Krankheit, ein Ankommen von Krebs. War es die Tage zuvor noch durchaus möglich den Krebs nach außen zu verbergen und sein Schutzschild aufrecht zu erhalten, so war es ab diesem Zeitpunkt für jedermann ersichtlich. Christina hat Krebs! 🦀 Diese Erkenntnis kam hart und schonungslos.
Ich hatte nun keine Möglichkeit mehr, die Diagnose erstmal für mich zu verarbeiten. Der Krebs war jetzt sichtbar und viele Fragen, Ratschläge, Beileidsbekundungen prasselten auf mich ein. Viele liebe Worte und doch Zuviel aufeinmal, um all das verarbeiten zu können.
Als die Haare dann rings um mich verteilt lagen und mein Partner mir glaubhaft versicherte, dass ich nun aussehen würde wie G. I. Jane, stapfte ich mutig in Richtung Badezimmer, um mich mit meinem neuen Ich im Spiegel bekannt zu machen. Da stand ich nun mit großen Augen und ganz viel Platz für mein Gesicht. Tja, und was soll ich sagen. Ich kam klar. Ich schenkte mir selbst ein Lächeln. Ich war bereit, für den Kampf gegen den Krebs, alles zu geben – auch meine Haare. Ich wollte unbedingt gesund werden❣️
Ihr Lieben – ob mit oder ohne Haare – ihr seid wunderbar und seht fabelhaft aus. Lasst euch nicht entmutigen, auch wenn der Haarverlust zuerst ziemlich erschreckend sein kann. Deckt euch ein mit schönen bunten Tüchern, Mützen oder probiert ein paar wilde Perücken aus. Fühlt euch wohl in eurer Haut (was während der Krebstherapie wirklich keine leichte Aufgabe ist!) und macht das Beste draus. Das ist keine Glatze, das ist eine ausgefallene Frisur. ✨👩🏼🦲✨
Eure Christina ❤️