Annette fragt… Anjuna Roscher
Darf ich wütend sein?
Darf ich wütend sein?
Vor einiger Zeit habe ich einen Beitrag auf Instagram veröffentlicht, indem es darum ging, dass auch Ärzte manchmal richtig doof sein können. Meine Aussage: „es liegt nicht an dir, wenn dein Gegenüber ein Depp ist,…“ hat dazu geführt, dass sich jemand berufen fühlte meinen Beitrag als Grundlage zu nutzen und ihrerseits zu erklären, wenn ich ein Problem mit einem Menschen habe liegt es an mir und ich müsste mein Mindset verändern, denn es liegt ausschließlich an einem selbst, wenn uns jemand nervt.
Uiuiui – mein altes Reizthema und da war sie – meine Wut.
Mein Wut auf Menschen, die es eigentlich besser wissen müssten. Wo das Licht der Erkenntnis dazu führt, dass sie geblendet sind. Du fragst dich vielleicht, was genau triggert sie jetzt so an? In meiner Krankheitsphase habe ich so manchen Tipp von Menschen bekommen, die nichts über mich und meine Art zu denken wussten. Ich bin mit meiner Krebsdiagnose relativ früh sehr offen umgegangen, dennoch war ich natürlich verletzlich und zart. Was mich besonders berührt hat, war die Härte mit der nach etwas, was schuld hat oder einem Schuldigen an meiner Erkrankung gefandet wurde. Denn es konnte doch nicht sein, dass man so krank wird, wenn “frau” nichts falsch gemacht hat.
Ganzheitliche Sichtweisen auf eine Krise, die lebensbedrohlich sein kann ist Teil meiner Arbeit. Als Heilpraktikerin für Psychotherapie und spiritueller Mensch gehe ich immer einen Weg, der Körper, Geist und Seele verbindet und möglichst viel Zuversicht und alltagstaugliche Perspektiven eröffnet. Dafür habe ich in den letzten viel gearbeitet und es macht micht wütend und traurig zugleich, wenn Menschen die aufgrund ihres eigenen Anspruchs eigentlich ein sicherer Hafen für andere sein sollten und dann so kläglich scheitern. Dort wo ich mich distanzieren kann, bleibt eine Klientin von mir mit Tränen in den Augen ratlos zurück. Ich frage mich, muss das sein? Wo ist die Herzensweisheit oder zumindest ein wenig Respekt vor dem Weg den mein Gegenüber schon gegangen ist?
Ob nun die eigene Angst vor Krankheit dahinter steckt oder wirklich die einfach Tatsache ignoriert wird, dass wir im TUN-Universum leben, ich weiß es nicht. Ein positives Weltbild, Vertrauen in Ärzte und Therapeuten und eine Spiritualität die unterstützend und nährend ist gehört für mich genauso zu einem gesundem Leben, wie leckere und gesunde Ernährung, Bewegung, Mut und ein soziales Leben, dass uns Vertrauen schenkt.
Mich macht es einfach unleidig, wenn ich mich als Krebspatientin auch noch zwischen den Stühlen fühle. Ich habe während meiner Krebserkrankung, dazu wirklich einige Erfahrungen gesammelt. Sobald mein Beruf klar war, hatten manche Ärzte ein Bild von mir, dass einfach nicht stimmte. Aber auch manche Menschen, die sich als spirituell bezeichnen und teilweise auch therapeutisch tätig waren oder sind, konnten unfassbar grobe Aussagen von sich geben. Ein Grund mag die mangelnde Selbsterfahrung sein, ein anderer die tief sitzende Ansicht, dass wir alles selbst in der Hand haben. Von Gottvertrauen im klassischen Sinn keine Spur. Nicht, um untätig und gelähmt in der Ecke sitzend unserem Schicksal entgegen zu gehen, sondern im Bewusstsein auch mal durchatmen zu dürfen. Um so immer wieder neues Vertrauen zu schöpfen und aufzutanken. Wie sich das gestaltet, ist wohl eine der persönlichsten Dinge überhaupt. Sicher aber ist: wir dürfen an dieser Stelle zart sein, müde und bedürftig.
Wen es um Beurteilungen und den Glauben geht, zu wissen weshalb Menschen immer häufiger eine Krebsdiagnose tragen müssen, werde ich immer noch zur fauchenden Katze. Diese Verletzlichkeit ist eine Nebenwirkung der besonderen Art, von der ich mich tatsächlich auch nicht mehr trennen möchte.
Einen weiteren Beitrag eher allgemeiner Natur habe ich auf meinem persönlichen Blog veröffentlicht.
Du findest ihn hier: “Entdecke die Kraft der Wut”
Den Wut ist eine Kraft, die Dinge verändern kann und mich persönlich immer wieder dabei unterstützt, meiner eigenen Trägheit etwas entgegen zu setzen.
Alles Liebe
Deine LebenskräfTigerin