Erleichterung vs. Belastung
Corona – jetzt hats mich also doch noch erwischt….
Während meiner Zuhause-Zeit zwischen 2. Induktionszyklus und 1. Konsolidierungszyklus hat es mich nach gut einer Woche zu Hause doch noch erwischt. Positiver Corona-Test. Keine Ahnung, wo es herkommt, die wenigen, mit denen ich Kontakt habe, sind alle negativ. Am ehesten meine kleine Tochter – dem Lolli-Test trau ich eh nicht so recht, mit ihr war eindeutig der engste (und unhygienischste…) Kontakt…Aber ist jetzt auch egal. Und dann das ganze auch „On top“ zu der Magen-Darm-Geschichte, die um mich rum alle hatten und wo ich trotz verschärften Hygiene-Maßnahmen dann offensichtlich nicht drum herumgekommen bin. Blöd, dass es bei mir nicht eine Eintags- sondern eine Dreitagesfliege war. Und drei Tage kaum was essen, weil einem einfach latent schlecht ist, ist nun mal nicht förderlich für die Fitness und das Immunsystem und damit die Psyche – es ist wahnsinnig anstrengend und frustrierend. War sehr nahe am Wasser gebaut diese Tage… Der positive Corona-Test kam dann – natürlich- an einem Sonntag….das Fieber dazu – natürlich- dann am Sonntagabend…und ab 38.3 °C Fieber soll ich ins Krankenhaus kommen. Auch wenn es an sich klar war, dass das Fieber von Corona kommt – viele haben mir erzählt, dass sie zum Teil recht hohes Fieber hatten bei ihrer Corona-Infektion mit dem aktuell dominanten Omicron-Typ, wenn auch recht kurz – das war mir dann doch zu heiß, es darauf in einer Sonntagnacht ankommen zu lassen und auch die Ärztin von der Aufnahmestation im Diak, mit der ich telefoniert habe, hat mir geraten, zu kommen. Die Gefahr für einen schweren Verlauf ist bei meiner Situation nun mal höher und im Krankenhaus kann man viel machen, was daheim nicht geht. Die Verantwortung, wenn ich entgegen der Empfehlung der Ärztin doch zu Hause geblieben wäre, war mir dann irgendwie einfach zu groß…
Die Nacht war nicht so prickelnd, hab kaum geschlafen in der Aufnahmestation, war auch ordentlich was los und bei mir war auch erst ab 2.30 Uhr Ruhe….und dazu eine Nase, die komplett zu ist und trotzdem ununterbrochen läuft. War trotz abschwellender Nasentropfen unangenehm, vor allem wenn man zusätzlich denkt: „Das, was da gerade so tropft, das ist hochinfektiös…“ So eine Keimschleuder zu sein fühlt sich nicht gut an, auch wenn man nicht wirklich was dafürkann.
Aber es wurde jetzt ordentlich was gemacht im Krankenhaus: PCR-Test, Blutkulturen, CT und Röntgen der Lunge, Untersuchung von Blut und Urin, prophylaktische Antibiotika-Gabe, um eine bakterielle Co-Infektion auszuschließen; Dexamethason, das unspezifisch entzündungshemmend, antiallergisch und immunsuppressiv wirkt; eine Antithrombose-Spritze (Clexane®), um Thrombosen, die unter einer Corona-Infektion vermehrt auftreten entgegen zu treten. Und dann gab es noch den Antikörper Sotrovimab (Xevudy®), das seit Mitte Dezember 2021 bei uns zugelassen ist und auch bei der Omicron-Variante wirkt und unter anderem bei immungeschwächten Patienten mit Corona-Infektion empfohlen wird. Sotrovimab bindet an das Spike-Protein vom Corona-Virus. Das Spike-Protein braucht das Corona-Virus, um in die menschliche Zelle einzudringen. Ist das Spike-Protein schon mit dem Antikörper besetzt, kann es das nicht und es kommt zu keiner weiteren Ausbreitung im Körper.
Ich konnte auf die Schnelle nicht rausfinden, wieviel der Antikörper kostet- Xevudy® wurde direkt vom Bundesministerium für Gesundheit beschafft und nun verteilt.
Mehr Infos zu Xevudy® siehe auch:
https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2022/01/21/covid-19-antikoerper-sotrovimab-soll-noch-im-januar-kommen
Klar ist auf jeden Fall, dass ich gerade mal wieder ziemlich teuer für meine Krankenkasse bin, allein der mehrtägige Krankenhausaufenthalt, all die Diagnostik und Therapie….Verrückt: wäre das Fieber nicht ausgerechnet Sonntagabend gekommen, sondern an einem Wochentag tagsüber, wäre ich wahrscheinlich nicht direkt ins Krankenhaus gegangen, sondern hätte es daheim und zusammen mit meiner Hausärztin versucht. Wäre auf jeden Fall billiger gewesen. Mal wieder: ein Hoch auf unser Gesundheitssystem, dank dem der Kostenfaktor keine Rolle in meiner Entscheidungsfindung „Krankenhaus ja/nein“ spielen musste. Großer Vorteil vom Krankenhaus: Isolation ist hier kein Problem – sitze in meinem Einzelzimmer und jeder, der reinkommt hat die volle Montur mit Maske, Schutzbrille, Handschuhe und Kittel an. Gott sei Dank hab ich ein wirklich schönes Einzelzimmer, wo den ganzen Nachmittag die Sonne reinscheint und die Aussicht auch ganz schön ist – da lässt es sich drin aushalten. Meine Tochter und meinen Mann nicht zu sehen ist natürlich hart – aber wäre ich daheim geblieben, wäre es ziemlich kompliziert geworden, vor allem wegen meiner Tochter (falls sie doch nicht die ursprüngliche Übertragerin ist). Die Isolation von ihr hätte ich definitiv nicht zu 100% durchführen können und damit hätte ich mit ihr als Überträgerin auch meine Eltern und Schwiegereltern, die sich ja gerade tagsüber um sie kümmern, gefährdet. In dieser Hinsicht fühle ich mich tatsächlich besser hier im Krankenhaus – mehr Isolation geht nicht; mehr kann ich nicht tun, um zu vermeiden, dass ich meine Lieben anstecke. Der Alltag für sie ist somit auch leichter, wenn sie sich nicht auch noch zusätzlich um mich kümmern müssen. Und ich konnte die Verantwortung bezüglich meiner Gesundheit dann einfach an die Ärtz*innen übergeben – das hat dann doch eine große Last von den Schultern genommen!
Ob ich generell einen milden Verlauf gehabt hätte, oder ob es am Dexamethason und/oder Sotrovimab lag werde ich wohl nie wissen, aber Tatsache ist, dass ich mich Montag abends schon viel besser fühle als Sonntag abends oder Montag morgens – Fieber ist quasi weg, Halsschmerzen sind weg, Nase ist nicht mehr ganz so schlimm, Geschmack kam jetzt zum Montagabend auch wieder ein bisschen (vermutlich weil die Nase freier ist), bin nicht mehr so schlapp (vermutlich auch, weil der Magen-Darm-Infekt endlich überstanden ist, und ich so langsam wieder was essen kann und sogar Hunger habe!). Und nach einer sehr guten Nacht mit Durchschlafen dank Schlaftabletten geht es mir sogar noch besser – Nase läuft noch, ist aber ziemlich frei, dazu jetzt ein bisschen produktiver (wo Schleim kommt) Husten, kein Fieber. Fühle mich sonst auch ganz gut.
Den Chemo- Zeitplan wird diese Corona-Infektion allerdings höchstwahrscheinlich vereiteln – bevor ich nicht negativ bin, gibt es keine Konsolidierungstherapie, das Ganze wird sich also wohl nach hinten verschieben. Zum Glück hat auch die letzte Induktions-Chemotherapie gut angeschlagen, meine Blasten im Knochenmarkblut waren laut der letzten Knochenmarkpunktion bei 2%, Ziel war unter 5%. Da ist es also nicht so schlimm, wenn die nächste Phase erst ein paar Tage später losgeht. Ein Freund von mir hatte da leider weniger Glück – der hatte die Corona-Infektion direkt vor dem ersten geplantem Chemotherapie-Start, was dazu geführt hat, dass sich in der Zeit die verging, bis dann endlich mit der Chemotherapie gestartet werden konnte, der Tumor weiter ausgebreitet hat….. ☹
Diese Corona-Infektion fühlt sich tatsächlich ein bisschen wie die große AML-Diagnose in klein an: in meinem Blog Fast schon “Erleichterung” über meine Diagnose AML schreibe ich von dem Gefühl der Erleichterung und auch hier kommt tatsächlich wieder das Gefühl der Erleichterung durch: irgendwie hab ich darauf gewartet, dass Corona auch vor uns nicht halt macht – die große Frage war blos wann, unter welchen Umständen und wie schlimm. War jetzt zwar nicht prickelnd, aber hätte (bisher zumindest) auch deutlich schlimmer verlaufen können und zu einem noch ungünstigeren Zeitpunkt. Da fällt einem tatsächlich schon einen Stein vom Herzen.