Erleichterung vs. Belastung
Chemotherapie und die Angst daran zu sterben
Warum entscheiden sich Patient*innen gegen eine Chemotherapie?
Bis zu 19 % lehnen bei der Diagnose Krebs eine Chemotherapie ab. Die Ablehnung der Krebsbehandlung stellt Ärzte und Angehörige oft vor ein größeres Problem. Denn die Ablehnung der Therapie reduziert in der Regel die Überlebensdauer nach der Diagnose. Doch woran liegt es, dass Patient*innen eine Chemotherapie ablehnen? Wenn Erkrankte diese konventionelle Krebstherapie ablehnen oder abbrechen, fühlen sich Familie, Freunde und die behandelnden Ärzte häufig unsicher und besorgt. Vor allem wenn das Nutzen, Risiko Verhältnis eine Chance auf Heilung verspricht.
Die Gründe für eine ablehnende Haltung sind vielschichtig. Neben psychischen Angstörungen oder Depression, werden höhere Religiosität, abhängiger Persönlichkeits- und Lebensstil (zum Beispiel Mitglieder einer Sekte) und negative Erfahrungen bei Verwandten und/oder Bekannten, oft genannt. Einer der Hauptgründe sind jedoch die Ängste von behandlungsbedingten Nebenwirkungen, Spätfolgen und Langzeitschäden, die eventuell andere Erkrankungen hervorrufen und lebensverkürzend sein könnten. Denn es ist allgemein bekannt, dass eine Chemotherapie nicht nur die bösen Zellen tötet. Dabei spielt das Alter der Betroffenen auch eine wichtige Rolle.
Was Sie über die Alternativen wissen sollten.
Doch was ist die Alternative? Die meisten Ablehner*innen befürworten komplementäre und alternative Krebsmedizin. Diese Menschen sind davon überzeugt, dass ihnen biologische oder alternative Heilverfahren helfen. Sie hoffen auf eine sanfte, nebenwirkungsarme Medizin, die kein Haarausfall, keine Übelkeit und Schmerzen verursachen. Doch was sind eigentlich komplementäre und alternative Methoden? Nach einer Definition des US-amerikanischen Nationalen Gesundheitsinstituts werden hier Methoden verstanden, die nicht dem medizinischen Standard entsprechen und entweder an Stelle (alternativ) oder zusätzlich (komplementär) zur Standardbehandlung angewendet werden. Beispielsweise gibt es Studien, die bei einer begleitenden Misteltherapie einen positiven Einfluss auf die Lebensqualität zeigen. Für viele andere Methoden und Mittelchen lässt sich eine Wirksamkeit jedoch bisher nicht belegen – und Risiken, wie eine sich gegenseitig aufgebende Wirkung, sind in Kombinationen nicht auszuschließen.
Gefährlich wird es, wenn an sogenannten Wunderheilungen geglaubt wird. Sogenannte Heiler*innen die Patienten erzählen, dass die Ursache ihrer Krebserkrankung ausschließlich psychisch begründet ist. Die Psyche kann mit Sicherheit sehr viel, jedoch ist bei Zellteilung und Gen Mutationen die Grenzen erreicht. Richtig gefährlich und strafbar ist das Verschreiben von Miracle Mineral Supplement (MMS). Welches im Internet auf unseriösen Seiten in geringer Dosierung als Wundermittel, unter anderem gegen Krebs oder Corona angepriesen wird. Hier handelt es sich jedoch um Chlordioxid, eine hochreaktive chemische Verbindung aus Chlor und Sauerstoff. Dieses Zeug ist stark reizend und wird industriell zur Desinfektion und zum Bleichen von Textilien verwendet.
Ich selbst habe für Recherchen eine Dr. med. Ärztin besucht, die mir zur Einnahme von MMS geraten hat. Darüber wird es bald einen TV-Beitrag zu sehen geben.
Was Sie über die konventionelle Chemotherapie wissen sollen.
Anders ist es bei einer schulmedizinischen Chemotherapie: Nutzen und Wirksamkeit wurden in klinischen Studien belegt und auch zu den Nebenwirkungen gibt es genaue Informationen. Im Gegensatz zu Operation und Strahlentherapie ist die Chemotherapie eine systemische Behandlung. Der gesamte Organismus und nicht nur einzelne Stellen des Körpers werden durch die Aufnahme ins Blut, mit Tabletten, Spritzen oder Infusionen erreicht. Sie ist gerade bei fortgeschrittenen Krebsstadien geeignet, wenn sich schon Tochtergeschwülste (Metastasen) im Körper verteilt haben. Diese systemische Wirkung ist aber leider auch der größte Nachteil der Chemotherapie: Sie greift auch gesunde Zellen an. Die sind allerdings besser gerüstet, weil sie sich in der Regel nicht so häufig teilen.
Wie bei jedem Medikament kommt es auch hier zu Nebenwirkungen. Doch im Gegensatz zu der immer noch weit verbreiteten Meinung, gibt es durch die Krebsforschung heute Wirkstoffkombinationen, die viel weniger Nebenwirkungen hervorrufen und es wurden Begleitmedikamente entwickelt, mit denen die Beeinträchtigung der Patient*innen deutlich verringert werden.
Während meiner Chemotherapie wurde ich natürlich mit jedem Zyklus immer schwächer und ich verlor auch alle Haare. Doch ich konnte und wollte am normalen Leben teilhaben, hatte immer Appetit, kein Durchfall, ging Einkaufen, zum Yoga und zu Konzerten. Und wenn wir mal ehrlich sind, wie lange musste vielleicht der eigene Körper schon wie selbstverständlich einfach funktionieren, wenn der Mensch ehrgeizig einer Karriere und einem perfekten Äußeren hinterherjagt? Wenn man immer gehetzt, die Fast Food Sünden versucht mit Sport bis zur völligen Erschöpfung wieder gut zu machen, hat das auch irgendwann Folgen. Doch selbst wenn wir unseren Körper lange mies behandeln und ihn nicht beachten, macht er das eine ganze Zeit lang mit. Er ist imstande sich ständig von den beträchtlichsten Strapazen zu erholen, trägt uns überall hin und lässt uns andere Menschen lieben.
Dafür war und bin ich meinem Körper sehr dankbar und ich habe darauf vertraut, dass ich auf ihn höre und ihm geben was er braucht, wird er sich auch bestmöglich von den Strapazen der Chemotherapie erholen.
Was unser Immunsystem dazu beitragen kann.
Wer sich für Alternativen interessiert gehört bei weitem nicht gleich zur Aluhutfraktion. Es gibt viele Hinweise, dass die Psyche auch einen Einfluss auf unsere Gesundheit hat und je nachdem hilfreich oder hinderlich sein kann. Wir wissen auch über den negativen Effekt von Stress auf das Immunsystem. Dagegen führen positive Gedanken zu Emotionen, die in den Teilen des Gehirns gesteuert und verarbeitet werden, die unser Überleben kontrollieren. Unser Immunsystem kann durchaus Tumorzellen erkennen und vernichten. Diese “Terroristen“ entwickeln allerdings Mechanismen, um sich dieser Abwehr zu entziehen. Ein gesundes Immunsystems reicht daher zum Schutz vor Krebs und zur Krebsbekämpfung nicht aus. Das ist der Grund warum auch Menschen, die sich gesund ernähren, genügend Sport treiben und mit ihrem Leben sehr zufrieden sind, ebenso davon betroffen sind, wie durchgehend gestresste Manager*innen, Fastfood Junkies oder Abhängige.
Viele Patient*innen haben vielleicht auch die Sorge, dass nicht alle Möglichkeiten voll ausgeschöpft werden. Sie sollten bei Bedenken und Fragen immer das Gespräch suchen. Sowohl mit dem Fachärzt*innen für Onkologie, wie auch mit der Komplementär-Medizinischen Beratung, die u.a. von vielen Universitätskrankenhäusern wie auch vom Krebsinformationsdienst angeboten wird.
Sind wir von Schicksalsschlägen betroffen, wird gerne nach einem Grund dafür gesucht. Wir möchten wissen, woran es liegt, um die Umstände entsprechen zu verändern, damit alles wird wieder gut wird. Auch wenn die Forschung weiß, dass ein gesunder Lebensstil Krebs und noch viele andere Krankheiten vorbeugen kann, gibt es jedoch Krebsarten, vor denen man sich nach bisherigem Kenntnisstand kaum aktiv schützen kann. Leider schwingt für viele Patient*innen da auch so ein kleiner versteckter Schuldvorwurf mit. Als hätten sie irgend etwas falsch gemacht. Persönlich finde ich es sehr wichtig, dass Aufklärung und Prävention niemand und niemals ein schlechtes Gewissen haben sollte, an Krebs erkrankt zu sein.
Meine Erfahrungen und wie ich mit der Diagnose Krebs lebe, erfahren Sie in meinem Buch “rumgeKREBSt mit Chemo, Charme und Schabernack“, erschienen 2021 im Marion Glück Verlag.
(Quellen: Deutsches Krebsfroschungszentrum und viele Gespräche mit Betroffenen.)