Erleichterung vs. Belastung
(B)LOGBUCHEINTRAG VOM 15.03.2020 BIS 18.03.2020: Krankenhausfrei, strahlende Kinderaugen und Schulschließung
Hallo ihr lieben, momentan passiert hier um mich herum so viel, dass ich entweder nicht dazu komme täglich hier meine Berichte abzuliefern oder mir einfach die Kraft dazu fehlt. Zum Glück ebbt die Corona-Panik gefühlt langsam ab, dennoch sind es täglich neue Einschläge die im Umfeld eintreffen und mich belasten. Dieser Virus kommt für mich zu einer denkbar schlechten Zeit. Tage- bzw. Wochenlang handlungseingeschränkt im Krankenhaus liegend scheint die Aussenwelt und deren Geschehnisse wie ein Film an mir vorbeizuziehen. Die vergangene Woche war da besonders extrem. Der größte Crash an den Börsen seit 1986 frisst einen Großteil der Ersparnisse im Kinderdepot von Tag zu Tag auf. Und und und. Alles nicht so einfach. Aber wird wohl schon werden. Im Moment kann und muss ich mich auf die Therapie fokussieren. Alles andere muss ausgeblendet werden. So gut das halt geht. Also den Fokus wieder auf das Positive richten. Mein dritter Krankenhausaufenthalt ist seit Montag nachmittag beendet. Wieder einen Tag eher als der vorherige. Wenn man der Statistik glauben möchte, dann steht die Aufenthaltsdauer für Zyklus 4 dann ja schon fest. Kleiner Rechentest für dich: Zyklus 1: 13 Tage Klinik / 8 Tage zuhause Zyklus 2: 12 Tage Klinik / 9 Tage zuhause Zyklus 3: 11 Tage Klinik / 10 Tage zuhause Zyklus 4: ?? Tage Klinik / ?? Tage zuhause Tipps und Prognosen gern in die Kommentare. 😀 Ich bin ja nun wieder zuhause bei meinen Lieben. Wie habe ich den Tag herbeigesehnt. Bevor ich die Klinik verlassen kann, gibt es noch die obligatorische Portion Hühnerfrikassee. Ich bin ja der Ansicht, dass Hühnerfrikassee zu einem Klinikaufenthalt gehört wie Mickey zu Minnie, die Statue of Liberty zu New York und Senf zur Bratwurst. Also muss das ja noch schnell erledigt werden. Danach hole ich noch schnell meine Rezepte im MVZ Onkologie ab und dann sammelt meine Süße mich auch schon ein. Zuhause steht dann erstmal die Sichtung der Post an. Andrea von dem Projekt „Wir können Helden sein“ (http://www.wir-koennen-helden-sein.de/) hat dafür gesorgt, dass einer der momentan größten Wünsche Maxima‘s (unserer ältesten Tochter) in Erfüllung geht. In einem Briefumschlag liegen 4 Tickets für die Mark Forster Tourstation in Hamburg im August diesen Jahres. Selbst wenn ich gesund und arbeitsfähig wäre, wäre sowas nur schwer zu realisieren gewesen. Kostet ein Ticket doch schon über 60,- €. In der Vergangenheit war es meist so, dass wir versucht haben, den Kindern ihre Wünsche so gut es geht zu ermöglichen. Konzerte waren dann aber meist nur mit einem Erwachsenen drin. Umso schöner finde ich es, dass es da Projekte wie eben das bereits genannte „#wirkönnenheldensein“ gibt, die es Familien in schwierigen Situationen ermöglicht, weiterhin die Kraft, den Mut und das Durchhaltevermögen aufzubringen, dass notwendig ist, um weiterzumachen. Ansonsten sind wir alle derzeit näher zusammengerückt. Sowohl emotional, als auch räumlich. Alex ist zuhause im home office und die Kids haben vorgezogene „Coronaferien“. Und ich? Endlich Zeit mich auch mal ausgiebig um ihre Hausaufgaben zu kümmern. Wir versuchen auch viel zu entschleunigen. Wir schnippeln die Zutaten fürs Essen zusammen, genießen unsere Mahlzeiten ohne Störfaktoren wie Handy und Co. Abends kuscheln wir uns zusammen und schauen Filme oder spielen Spiele. Wenn das der Rest der Republik jetzt auch noch schafft, dann sollten wir das Schreckgespenst Corona doch bald auch im Griff haben und wir alle können durchatmen. Alles in Allem kann ich aber schon feststellen, dass das Leben um uns herum ruhiger zu werden scheint. Gestern und heute habe ich vorm Haus nur 2 Rettungswagen und einmal die Polizei mit Sirene entlangfahren hören. Das ist normalerweise unser Stundenpensum. Besonders für mich und alle anderen der „Risikogruppe“ macht die aktuelle Lage nämlich besondere Sorgen. Äussert sich die Krankheit doch durch den Befall der Atemwege und Fieber. Beides Symptome, die mir Schwierigkeiten bereiten. Durch die heftige Chemo ist meine Lunge eh schon zeitweise blockiert, so dass sich das Atmen ab und an schon anfühlt, als säße ein Deckel auf der Lunge, der das tiefe Einatmen erschwert. Und durch Cortison und Co. ist mein Kopf eh dauerwarm, was Fieberermittlung nur durch Thermometermessung möglich macht.