Annette fragt…Birgit Göttlich
Annette fragt… Susanne Thiem zu ihrem Buch
Ich bin ja der Meinung: Man kann nicht oft genug über das Thema „Krebs“ sprechen. Deshalb gibt es meinen Blog. Deshalb gibt es meine Interviewreihe „Annette fragt“. Deshalb habe ich mir Susanne Thiem nun schon zum zweiten Mal eingeladen. Denn „Wir müssen reden.“ Und zwar ernsthaft und lange. Über ihr Buch „Krebs ist kein Small Talk. Worte finden, wenn sie fehlen.“
Das ist für mich ein Krebsbuch-Leuchtturm mit guten Chancen auf einen vorderen Platz in der Spiegel-Bestsellerliste.
Ich freue mich sehr, dass Susanne sich zwischen Podcastterminen, Pressetreffen, dem Drehen von Reels und dem Rühren der Werbetrommel Zeit für ein Annette-fragt-Interview-Revival hatte. Sie nimmt uns mit an ihren Schreibtisch, lässt uns ein bisschen zwischen die Buchseiten spickeln und gewährt uns ein bisschen Einblick in die Welt der Schreiberlinge.
Annette: Vor zwei Jahren warst du schon mal zu Gast bei „Annette fragt“. Damals hast du von deinem Buchprojekt erzählt. Im Sommer 2024 dann haben wir uns das erste Mal live getroffen. Wir saßen zusammen im Biergarten der Brauerei Rothaus und du hast mir erzählt, dass du mit deinem Buchmanuskript auf der Zielgeraden bist. Und nun ist es tatsächlich soweit: Du hältst dein Buch in den Händen und strahlst. Glückwunsch! So so schön, dass du heute erneut mein Gast bei „Annette fragt“ bist. Ich freu mich wirklich mehr als sehr.
Lass´ uns gleich loslegen, denn in Bezug auf dein Buch fehlen mir absolut keine Worte ;).
…
Ich lernte dich über einen Podcast kennen, suchte dich auf Instagram und fand dich unter dem Profilnamen @susanne.thiem_schreibt und las immer wieder Post mit der Überschrift „Autorinnenlogbuch“, in denen du deine Follower*innen ins Autorinnenleben und auf deine Buchreise mitnahmst. Wann ist in dir die Idee gereift, ein Buch zum Thema „Krebs“ zu schreiben?
Susanne: Die Idee, die Geschichte meiner eigenen Brustkrebserkrankung in einem Buch zu verarbeiten, kam mir ehrlich gesagt schon sehr früh. Ich erinnere mich, dass ich am Tag meiner zweiten Chemotherapie im Behandlungszimmer meines Onkologen saß und ihm sagte: „Ich habe immer noch den Eindruck, dass ich hier im falschen Film sitze. Ich glaube, über diese ganze Geschichte muss ich ein Buch schreiben.“
Ich habe dann tatsächlich bereits während der Therapie begonnen, meine Erlebnisse aufzuschreiben. Allerdings erst einmal etwas locker für mich. Das war bereits in dieser Zeit eine gute Bewältigungsstrategie. Nach meiner Erkrankung habe ich meine Texte dann in Form meines RedWelliesBlog veröffentlicht und auch parallel an meinem Buch geschrieben. Zuerst hatte ich die Absicht, meine Krebsreise in Romanform zu verpacken, um mir die Möglichkeit zu geben, nur das von mir preiszugeben, was ich wollte.
Ich bin jedoch beim Schreiben immer wieder an einen Punkt gekommen, an dem meine innere Kritikerin mir laut zugerufen hat, dass das niemand lesen möchte und es ohnehin auch nicht gut genug sei. Aus heutiger Sicht weiß ich, dass diese Blockade viel mit meiner Angst vor Sichtbarkeit zu tun hatte.
Durch das Schreiben bin ich auf meine innere Zerrissenheit gestoßen. Denn auf der einen Seite wollte ich mich ganz offen mit meinen Erlebnissen zeigen können, hatte aber gleichzeitig wahnsinnige Angst vor den Reaktionen und Bewertungen von anderen.
Und so bin ich nach vielen gescheiterten Anläufen auf die Buchidee gekommen, die ich heute realisiert habe. Mit „Krebs ist kein Small Talk“ habe ich mich auf meine innere Reise begeben, warum es mir eigentlich so schwerfällt, mich nach meiner Erkrankung offen und ehrlich über meine Krebserfahrungen und die Ängste mitzuteilen und bin dabei auf viele Erkenntnisse gestoßen, die bis weit in meine Kindheit reichen.
Annette: Bücher, in denen Krebsbetroffene von der Zeit ihrer Erkrankung und Heilung sprechen, gibt es viele. In einer Buchhandlung stehen diese wohl unter der Rubrik „Biografien““. Anfangs dachte ich, dass auch du ein Buch über deine Krebsreise schreiben würdest. Aber dann entstand mit „Krebs ist kein Small Talk“ ein anders geartetes Buch. Es könnte sowohl unter „Lebenserfahrung“ als auch im Regal der „Ratgeber“ stehen. Denn es ist eine Krebsgeschichte PLUS viel mehr.
Du selbst nennst dein Buch „autobiografisches Sachbuch“. Was kann man sich denn darunter vorstellen?
Susanne: „Krebs ist kein Small Talk“ basiert auf meiner persönlichen Erfahrung mit der Erkrankung Krebs, die leider nicht erst mit meiner eigenen Erkrankung gestartet ist. Ich bin dem Krebs bereits in meiner Kindheit begegnet, als eine Freundin in den 80er Jahren an einem Hirntumor verstarb. Diese Erfahrung und besonders der schweigende Umgang mit diesem Verlust haben mich sehr traumatisiert und im eigenen Umgang mit der Erkrankung geprägt. Denn auch in der Jugend und im früheren Erwachsenenalter sind immer wieder Freund*innen an Krebs erkrankt, was in mir eine tiefe Angst vor dieser Erkrankung verursacht hat. Zudem war ich auch kaum in der Lage, meinen Freund*innen zur Seite zu stehen.
Erst als ich dann selbst die Worte „Es ist tatsächlich Brustkrebs“ hörte, hat sich bei mir ein Schalter umgelegt und ich habe beschlossen, dass der Krebs nicht dazu führen wird, dass sich mein junges Leben von nun an im Verborgenen abspielen wird.
All diese Erinnerungen kamen über die Jahre mit dem Schreiben zum Vorschein. Gleichzeitig habe ich mich als Kommunikationstrainerin immer wieder gefragt, wie wir diese Kluft des Schweigens als Gesellschaft überwinden können. Denn ich bin immer wieder Menschen begegnet, denen es genauso erging, wie mir. Menschen, die sich nicht getraut haben, sich mit ihrer Erfahrung zu zeigen, aus Angst vor der Reaktion des Gegenübers.
Mittlerweile ist Krebs nicht zwangsläufig ein Todesurteil. Die medizinische Forschung hat in den vergangenen Jahrzehnten riesige Fortschritte gemacht. Doch wir als Gesellschaft sind im Umgang mit der Krebserkrankung noch kaum weiter.
Und so habe ich mich auch als Kommunikationsexpertin der Frage genähert, wie wir bei diesem Thema in eine empathische Kommunikation kommen können. Der Frage bin ich in meinem Buch mit Hilfe der “Gewaltfreien Kommunikation” auf die Spur gekommen und habe auch tolle Interviews mit Expertinnen und Experten geführt. Daraus sind viele wertvolle Tipps und Inspirationen für einen offeneren Umgang mit dem Thema Krebs entstanden, die nicht nur für Betroffene und Angehörige wertvoll sind, sondern für alle, die im privaten oder beruflichen Umfeld Menschen mit einer Krebserfahrung begegnen.
Annette: Bei “Gewaltfreie Kommunikation” muss ich direkt an die Giraffensprache denken, die meine drei Kinder in der Grundschule in einem ganz tollen Projekt erlernt haben. Ich glaub, so nennt sich das Kindermodell dieser Methode von Marshall Rosenberg, richtig? Dabei geht es um eine wertschätzende Kommunikation in vier Schritten. Die sollte eigentlich jeder Erwachsene drauf haben, finde ich:
1. Beobachten, nicht urteilen.
2. Gefühle erspüren.
3. Das Bedürfnis benennen.
4. Eine Bitte formulieren.
…..
Annette: Nun aber wieder zurück zu deinem Buch, liebe Susanne. Und zwar kann man „Krebs ist kein Smalltalk“ in den Händen halten. Wie ich weiß, hast du dieses Veröffentlichungsdatum sehr bewusst gewählt. Sag, was hat es denn mit diesem Datum auf sich?
Susanne: Ja, der 4.2. ist der internationale Weltkrebstag, der jedes Jahr auf die Krebserkrankung und deren Folgen aufmerksam macht. Das Thema “Krebs” und dessen Auswirkungen auf uns als Gesellschaft stehen an diesem Tag besonders im Fokus. Und da sich mein Buch auch an uns als Gesellschaft richtet, war dieser Tag perfekt als Veröffentlichungsdatum.
Annette: Für mich ist dein Buch sehr speziell. Und das meine ich absolut positiv! Die Art, wie du ein so schwieriges Thema rüberbringst, hat Potential zum Ganz-Groß-Werden. Ich bin gespannt, wann ich dich damit in der Spiegel-Bestsellerliste finden werde.
Deshalb habe ich auch ganz bewusst Platz auf dem Cover gelassen 😉. Spaß beiseite. Ich würde mich natürlich riesig freuen, wenn es so viele Menschen wie möglich erreicht, damit es wirken kann und wir über das Thema ins Gespräch kommen.
Annette: Hihi, den Tipp werde ich bei meiner nächsten Buchvovergestaltung auch berücksichtigen. Man weiß ja nie ;). Aber nun wieder ernsthaft weiter im Interview:
Die Kombination der Themen „Krebs“ und „Kommunikation“ passt wie die Faust aufs Auge zu meinem Blog. Der befindet sich ja hier auf der Homepage der Kurvenkratzer. Und deren Motto lautet: „Egal, wie du über Krebs sprichst, Hauptsache du tust es“.
Abseits des Krebsbloggerkosmoses und fernab der Insta-Krebs-Bubble, in der wir beide uns tummeln, ist „Krebs“ allerdings eher ein Anlass zum Schweigen, zum Weinen, im besten Fall vielleicht noch zur Krisenkommunikation.
Auch bei dir herrschte hinsichtlich des Krebsthemas viele Jahre lang Schweigen. Hinter dieser Stille steckt eine sehr bewegende Geschichte aus dem Leben der kleinen Susanne und ihrer Kinderfreundin Helena. Bitte sei so lieb und lass uns an eurer Freundschaft teilhaben und verstehen, warum aus eurem fröhlichen Kinderlachen ein betretenes Schweigen wurde.
Susanne: Helena war eine Freundin aus Kindheitstagen. Wir wohnten Tür an Tür in unserem kleinen Kuhdorf und haben viel miteinander gespielt. Sie war meine kleine Superheldin. Dass sie einen Hirntumor hatte ,wusste ich lange nicht und die Tatsache, dass sie stets eine weiße Mütze trug, brachte ich damals noch nicht mit dem Krebs in Verbindung. Das wurde mir erst ein wenig bewusst, als sie mir eines Tages einmal ihre Hufeisennarbe zeigt, die sie am Kopf hatte. Doch der Krebs an sich war damit noch nicht ein Schreckensgespenst. Das kam erst mit ihrem sehr schnellen Tod in mein Leben, als ich den Leichenwagen vor dem Nachbarhaus entdeckte.
Der Tod meiner Freundin war schlimm, doch das Schweigen von den Erwachsenen um mich herum war schlimmer. Meine Gefühle von Trauer, Wut, Verzweiflung und Angst sowie meine ganzen Fragen, die ich zu ihrem Tod hatte, wurden nicht gesehen oder beantwortet. Und so habe ich dieses Trauma schnell ganz tief in mir verschlossen und erst nach meiner eigenen Erkrankung bemerkt, wie sehr mich dieses Ereignis geprägt und erschüttert hat.
Annette: Uff… Das ist harter Tobak. Aber mit einem wundervollen Ende nach vielen vielen Jahren. Denn du hast aus deinem eigenen Schweigen ein Herzensthema gemacht. Mittlerweile hast du dich sogar im Bereich der Kommunikation selbständig gemacht. Sogar der Name deiner Firma trägt das Herz im Titel und nennt sich „Herztöne Kommunikation“. Kommunikation ist also eine echte Herzensangelegenheit für dich. Toll! Was genau machst du beruflich und was hat das mit Kommunikation zu tun?
Susanne: Ja, in der Tat. Ich habe mich mittlerweile als Trainerin für Gewaltfreie Kommunikation im Gesundheitsbereich sowie als Life Trust Coach selbstständig gemacht. Es ist mir ein großes Anliegen, die Kommunikation zwischen den Akteur*innen im Gesundheitsbereich und den Patient*innen und Angehörigen zu stärken und dafür zu sensibleren, welche Kraft unsere Kommunikation in diesem Bereich hat. Sie kann Vertrauen stärken, oder zerstören. Gleichzeitig stehen die Mitarbeitenden im Gesundheitswesen enorm unter Druck und müssen auch viel abfedern.
Kommunikation ist aus meiner Sicht ein wesentlicher Schlüssel im Stärken von gegenseitigem Verständnis. Da möchte ich meine Expertise einbringen. Gleichzeitig bin ich als Life Trust Coach auch für Menschen da, die nach einer Krankheit oder Krise wieder Vertrauen ins Leben aufbauen möchten.
Der Name “Herztöne” war mir wichtig, denn häufig entstehen Konflikte dann, wenn wir zu sehr aus unserem Verstand kommunizieren. Der Schlüssel liegt hier, wieder ins Herz zu hören und da kommen dann eben auch die Gefühle ins Spiel.
Annette: Dein Buch ist keine langweilige Bleiwüste. Du hast die Überschriften in einer anderen Schriftart gestaltet. Außerdem wird der Fließtext immer wieder durch Zitate oder Fragestellungen unterbrochen. Das macht ihn optisch leicht macht, auch wenn er es inhaltlich nicht immer ist. Ein guter Kniff.
Am besten gefällt mir bei deiner Gestaltung aber die Leuchtturmgrafik, die am Ende jedes Kapitels auftaucht. Du kennst ja mein Nordseefaible, hihi. Ich habe eine leise Ahnung, wieso du dich für dieses Motiv entschieden hast (Hochzeitstag, ich hör´dir läuten…). Hab ich damit Recht oder warum sind Leuchttürme in deinem Buch?
Susanne: Ja, das hast du richtig erkannt, dass ich ein riesiger Leuchtturm-Fan bin und ja auch meinen Mann nach der Erkrankung auf dem Leuchtturm Westerhever geheiratet habe. Daher war es klar, dass dieses Symbol ins Buch muss. 😊
Gleichzeitig steht der Leuchtturm für mich auch für Orientierung, wenn es um mich herum einmal schwierig wird. Und mein Buch soll beim Thema Krebs genau solch eine Orientierung bieten. Besonders dann, wenn es schwierig wird und der Krebs uns quasi die Sprache verschlägt.
Ich hoffe, es ist mir gelungen.
Annette: Da bin ich mir absolut sicher, meine Liebe.
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Annette: Sag, ich habe auf deinem Blog gelesen, dass das Warum hinter deinem Buch ein Artikel in deiner Tageszeitung war. Darin ging es um eine Krebspatientin und ein Satz von ihr, der dich sehr getouchet hat und schlussendlich den Startschuss für deine Buchreise gab. Erzähl doch mal, was damals im Dezember 2021 los war und wieso du der Dame eine besonders liebevolle Erwähnung in deinem Buch zuteilwerden lässt.
Susanne: Vor drei Jahren habe ich in unserer Tageszeitung von einer Dame aus unserem Nachbarort gelesen, die von ihrem Leben mit Krebs im Endstadium berichtet hat. Ihr Fazit war damals: „Die Gesunden lassen die Kranken nicht in ihre Welt.“
Ein Zitat, das mich sehr berührt hat, denn ich wusste genau, was sie meinte. Gleichzeitig wollte ich mich mit diesem Zustand nicht zufriedengeben. Denn aus meiner Sicht leben wir alle in einer Welt. Die Begrenzungen entstehen nur in uns und in unseren Köpfen. Und beim Thema Krebs hat es viel mit der Angst vor der Endlichkeit zu tun.
Doch viele Menschen leben nun einmal mit der Erkrankung. Und die Betonung liegt hier auf LEBEN. Und für dieses Leben werden wir alle benötigt. Die Freund*innen, Familienmitglieder, der Chef, die Chefin, der Kollege, die Kollegin.
Aus meiner Sicht ist es Zeit, dass wir diese Angstblockaden Stück für Stück abbauen. Das geht nur durch eine offene Kommunikation. Daher habe ich die Dame zu meiner ersten Interviewpartnerin gemacht und kann sagen, dass es ein Geschenk war, mit ihr zu sprechen.
Annette: Liebe Susanne, dein Buch handelt nicht nur von dir, sondern enthält Interviews mit anderen Betroffenen sowie Fachleuten aus verschiedenen Bereichen. Ich bin neugierig: Nach welchen Kriterien hast du die Personen ausgewählt? Wie war die Resonanz, als sie von deiner Idee, ein Buch über Krebs und Kommunikation zu schreiben, hörten. Großes Schweigen im Walde oder begeisterte Ja-Rufe? Mussten du auch Absagen einstecken?
Susanne: Spannend war, dass die Interviewgäste für mich bereits zu Beginn feststanden. Oder sagen wir, der Wunsch, dass sie für mein Buch zur Verfügung stehen. Bei den medizinischen Fachleuchten habe ich Menschen ausgewählt, die mich selbst durch ihre öffentliche Arbeit sehr inspiriert haben. So hat z.B. Prof. Dr. Sven Gottschling selbst Bücher zum Thema „Gespräche übers Sterben“ geschrieben, die mir sehr geholfen haben. Und ich war total aus dem Häuschen, als die Zusage kam.
Tatsächlich haben alle Expertinnen und Experten auf Anhieb zugesagt, was mich sehr in der Relevanz des Themas bestärkt hat.
Nur mein Mann, mit dem ich über unsere Kommunikation während der Diagnose ein sehr persönliches Gespräch geführt habe, brauchte etwas länger Bedenkzeit, ob er sich öffentlich so öffnen möchte. Doch auch er hat eingewilligt und seine Sicht als Angehöriger geschildert, was ich total wichtig finde. Denn wir alle, egal, ob Betroffene, Angehöriger, Freund oder Mediziner, leben in unserer eigenen Welt. Und um die beim Thema Krebs zu vereinen, muss man eben ins Gespräch kommen.
Annette: Richte deinen Mann meine herzlichsten Grüße aus. Er war mir bei unserem Treffen im Sommer schon sympathischen, seitdem ich euer Gespräch lesen durfte, ist er für mich in die Kategorie “Held” aufgestiegen. Ein ganz, ganz tolles Gespräch, an dem ihr die Leserinnen und Lesers deines Buches da teilhaben lasst.
….
Ich bin Verlagsautorin. Ich schreibe zu vorher vereinbarten Themen und angesichts der doch recht langen Liste an Veröffentlichungen habe ich mittlerweile immer mehr Mitsprachemöglichkeiten. Aber ganz so frei wie eine Selfpublisherin bin ich natürlich nicht. Ich tippe in einem vorab vereinbarten Rahmen hinsichtlich Seitenzahl und Co. Ich weiß, dass auch du für dein Manuskript zunächst nach einem Verlag gesucht hast, dich dann aber schlussendlich doch fürs Selfpublishing entschieden hast. Wie kam es dazu? Und was gefällt dir daran?
Susanne: Als ich mit dem Buch angefangen habe, dachte ich eigentlich fest daran, es nur mit einem Verlag herausbringen zu wollen. Vom Selfpublishing hatte ich gar keine Ahnung. Ich habe mich dann auch bei ein paar Agenturen beworben, jedoch keine positive Reaktion erhalten. Gleichzeitig wurde mir schnell bewusst, dass ich bei Themen, wie z.B. dem Buchtitel und dem Cover schon ziemlich klare Vorstellungen hatte und gar nicht mehr bereit für Kompromisse gewesen wäre. Doch genau das sind die Dinge, die man dem Verlag überlassen muss.
Daher war der Weg zum Selfpublishing eine Entwicklung, die sich langsam und stetig aufgebaut hat. Und dort, wo ich nicht weiterwusste, habe ich mir fachliche Unterstützung gesucht. Das war für mich der perfekte Weg, denn so habe ich wirklich genau das Buch erschaffen, das ich wollte. Und die Freiheit, die ich bei der Gestaltung hatte, war mir am Ende sehr wichtig.
Annette: Dein Buch ist grandios. Der Schreibstil toll. Der Inhalt fundiert recherchiert. Der Nutzwert sehr hoch. Aber: Wie bringst du dies in die Welt hinaus? Oder ganz konkret: Wie machst du Werbung für dein Buch?
Susanne: Ich erzähle bereits seit vielen Jahren auf meinem Instagram-Account über meine Schreibreise und nehme die Leute mit in den Entstehungsprozess. In meinen Beiträgen, Storys und Reels habe ich immer wieder im Autorenlogbuch meine Fortschritte geteilt und das Thema “Krebs” zur Sprache gemacht.
Gleichzeitig entsteht auch viel Interesse durch persönliche Gespräche, die ich mittlerweile führe. Denn genau dadurch, dass ich von meinem Buch erzähle, komme ich mit anderen Menschen ins Gespräch und merke, wie diese Krankheit uns alle verbindet.
Annette: Im Sommer war ich bei einer Buchlesung und ich muss sagen, dass es schon nochmal etwas anderes ist, wenn eine Autorin/ein Autor live aus seinem eigenen Buch vorliest. Ich weiß, dass du auch eine Lesung geplant hast. Das finde ich sehr mutig, denn es ist sicherlich nicht ganz so leicht, dein Herz so weit vor dir teilweise völlig fremden Menschen zu öffnen. Ich ziehe meinen Hut vor deinem Mut und freue mich schon sehr darauf. Sicherlich hat die eine oder der andere Leser/in auch Lust dabei zu sein. Wann ist denn deine Lesung und kann man sich hierfür noch andmeldt?
Susanne: Wer mich und mein Buch einmal live erleben möchte, hat am 7. Februar 2025 um 19:00 Uhr die Möglichkeit dazu. Du da draußen kannst dich gerne noch für die exlusive Online-Lesung zu meiner Buchveröffentlichung anmelden. Ein paar Restplätze sind noch übrig. Eine Anmeldung ist per E-Mail an post@herztoene-kommunikation.de ganz einfach möglich.
Annette: Im Schlussteil deins Buchers fand ich Wörterlisten, die du als „Wortschätze“ bezeichnest. Was hat es mit diesen Wörtern auf sich? Und… Verrätst du den Leser*innen unseres Interviews hier an dieser Stelle ein paar?
Susanne: Na klar. Mit den Wortschätzen meine ich unsere Gefühle und Bedürfnisse, die wir uns in solch einer schweren Zeit, wie einer Krebserkrankung mitteilen dürfen. Denn dadurch entsteht Verbindung.
Ich denke, die Emotion, die uns bei dieser Erkrankung alle vereint, ist Angst. Bei Betroffenen ist das die Angst vor dem möglichen Tod, beim Umfeld die Angst vor dem potentiellen Verlust. Das ist kein schönes Gefühl und auch kein schönes Thema, doch darüber darf gesprochen werden.
Wir alle müssen beim Thema “Kreb”s keine Superheldinnen und Superhelden sein, sondern dürfen aufrichtig mitteilen, was uns im tiefsten Inneren bewegt. Da sind die Gefühle, wie Angst, Unsicherheit, Wut, Trauer und Hilflosigkeit ein guter Schlüssel, um Verbindung zu schaffen.
Gleichzeitig fühlen wir diese Gefühle, weil der Krebs viele zentrale Bedürfnisse angreift. So ist unser zentrales Bedürfnis nach Gesundheit vollkommen infrage gestellt. Gleichzeitig fehlt es uns häufig an Sicherheit durch fehlende Informationen zur Erkrankung.
Annette: Ein Gespräch lebt nicht nur von Worten. Es besteht auch aus Gestik und Mimik. Und auch ein Buch lebt nicht nur von Worten. Wie kam es zum Titelbild deines Buches?
Susanne: Da das Buch auf meiner eigenen Geschichte basiert, war es für mich recht klar, dass auch ein Portrait von mir darauf zu sehen sein muss. Denn die Leserinnen und Leser möchten sich ja auch ein Bild von mir als Autorin machen.
Auf der Rückseite habe ich dann ebenfalls einen Leuchtturm hinzugefügt, um die Expert*inneninterviews besonders hervorzuheben, denn diese Gespräche haben für mich persönlich definitiv eine Leuchtturmfunktion in punkto Orientierung.
Annette: Nun kommen wir so langsam zum Schluss des Interviews. Falls es tatsächlich noch jemanden da draußen gibt, der sich noch fragt, warum er auf dem Krebs-Bücher-Tisch nach deinem Buch greifen sollte, so hast du nun hier ganz exklusiv die Chance, Zweifler*innen zu überzeugen. Hau spontan deine Antworten raus:
- Warum sollte jemand, der mit Krebs in seinem Leben noch nie etwas zu tun hatte (ein Glückspilz ersten Ranges) dein Buch kaufen?
Weil die Wahrscheinlichkeit leider sehr hoch ist, dass dir morgen jemand mit dieser Erkrankungsgeschichte über den Weg läuft. Sei es die Vorgesetzte, eine Freundin oder im schlimmsten Fall vielleicht doch ein Familienmitglied. Die Krebsbewältigung ist eine gesellschaftliche Aufgabe und all die, die vielleicht denken, es betrifft mich nicht, möchte ich zurufen: “Doch. Es tut es. Auch du bist in deinem Verständnis für die Betroffenen wichtig!” - Was kann ein*e Krebspatient*in daraus mitnehmen?
Vielleicht ein größeres Verständnis für die Situation der Angehörigen und das Gefühl, selbst verstanden zu werden. - Wieso sollte es auch bei Onkolog*innen oder anderen Ärzt*innen auf dem Nachttisch liegen?
Ihre Worte trage maßgeblich zur Genesung bei! Und somit sollte es aus meiner Sicht zur Grundausbildung von Mediziner*innen gehören, sich mit der eigenen Kommunikation auseinander zu setzen. Gleichzeitig liefert mein Buch viele wichtige Einblicke in die Gefühle und Bedürfnisse von Patient*innen. Die zu kennen und zu berücksichtigen, ist auch für eine bedürfnisorientierte Behandlung besonders wichtig.
Annette: Ich bin mir sicher, dass ganz viele Leser*innen direkt nach dem Lesen unserer Interviews dein Buch kaufen oder bestellen oder auch verschenken möchten. Deshalb mach es jetzt mal ganz konkret: Wo kann man dein Buch bestellen? Wo kann man es kaufen? Ic
Susanne: Das Buch ist als Printausgabe überall im Buchhandel verfügbar. Beim Buchladen um die Ecke und auch online, wenn du das Buch in deiner Suchmaschine eingibst. Mit persönlicher Widmung kannst du es auf meiner Homepage bestellen.
Wer lieber e-books liest, findet dies bei Amazon.
Doch es lohnt sich schon allein wegen der Grafiken, auf das Printbuch zu setzen 😊
Annette: Ich bin großer Fan von Danksagungen in Büchern und blättere mich bei Start eines neuen Buches tatsächlich bis zum Schluss Schluss vor und lese die Dankesworte. (einen Spleen hat ja jeder, oder?). Auch bei dir tat ich das und war begeistert. Denn du bedankst dich so herzlich, so ehrlich, so liebevoll bei Freund*en, deiner Familie, deinem Sohn und deinem Ehemann Arik. Aber auch deine Ärzt*innen, die Interviewgäste, Personen rund um dein Buch werden erwähnt. Man spürt in jeder Zeile, dass wahrlich dein Herzensthema, dieses Buch wahrlich dein Herzensprojekt war und ist.
Besonders genial fand ich dein Danke an das Leben. Das finde ich sehr stark, schließlich trage ich als ehemals Krebsbetroffene mich weiterhin mit Ängsten und Sorgen („Was, wenn es wieder passiert?“). Du hast es mithilfe deiner Jakobswegwanderung und dem Schreiben deines Buches geschafft, diese Gedanken in ein „Was, wenn es gut geht?“ umzumünzen und beendest dein Kapitel über deine Jakobswegwanderung sogar mit den Worten „Ich bin gesund. Punkt!“ Wow, einfach wow.
An dieser Stelle folgt nun mein persönliches Danke: Danke für deine Zeit. Danke für deine Offenheit. Danke für dein Buch. Und ein herzliches Dankeschön an das Universum, das uns zwei zusammengeführt hat. Schön, dass es dich gibt. Schön, das es dein Buch gibt.
Mehr über Susanne und ihr Buch findest du hier:
Susannes Homepage Herztoene-Kommunikation
Susannes Instagram-Account @susanne_thiem_schreibt
Hier geht’s direkt zum Buch “Krebs ist keine Small Talk” :
Susanne bei LinkedIn
Susannes Brustkrebs Blog: https://redwelliesblog.com/
Annette fragt… Susanne Thiem das erste Mal
Hier geht’s zu den anderen schon veröffentlichten Interviews aus der Reihe “Annette fragt…”.
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