Unter dem Motto „talk about cancer“ beschäftigen wir uns mit den vielen Facetten einer Krebserkrankung.hello@kurvenkratzer.at

Annette fragt… Desi

Seit meiner Krebserkrankung nimmt die Selbsthilfe einen wichtigen Platz in meinem Leben ein. Sie hat mich mit Menschen zusammengebracht, die ähnliches erlebt haben. In schlechten Momenten wird gemeinsam geweint und das Universum angeklagt. In guten Momenten wird zusammen gelacht. Vor wichtigen Untersuchungen werden gemeinsam die Daumen gedrückt. Und bei gemeinsamen Aktionen rutscht die uns verbindende Erkrankung in den Hintergrund. Win-win auf allen Ebenen. Selbsthilfe wirkt.

Ich bin megahappy, euch heute ein Interview mit Desi präsentieren zu dürfen. Sie gehört wie ich auch zu Jung und Krebs e.V., dem coolsten Verein überhaupt.

Sie nahm mich und nimmt euch mit auf ihre Lebensreise mit, die zweimal von einer Krebsdiagnose unterbrochen wurde. Dies nahm ihr aber nichts unbändigen Lebensfreude. Freut euch auf eine quirlig-sprudelndes Interview mit einer bewundernswerten jungen Frau.

Annette: Liebe Desi, bevor wir gleich an die harten Krebs-Themen gehen, starten wir erstmal ganz sanft ins Interview. Stell dich den Leser*innen doch bitte erstmal kurz vor.

Desi: Hallo! Ich bin 32 Jahre jung und auf der aufregenden Reise, das Leben in vollen Zügen zu genießen. Mit einem unstillbaren Hunger nach neuen Erfahrungen und Geschichten, die das Leben schreibt, entdecke ich leidenschaftlich gerne die Welt – sei es durch Reisen, Lesen oder das Ausprobieren neuer Hobbys.

In meiner Freizeit bin ich gerne in der Natur unterwegs, entweder beim Wandern und Klettern in den Bergen oder beim Entspannen am See.

Ich glaube fest daran, dass jeder Tag eine neue Gelegenheit bietet, dazuzulernen und zu wachsen.

Annette: Wow, welch wunderschöner Einstieg in unser Interview. Da bekommt man direkt Lust, sein Rad zu schnappen und eine Runde zu drehen oder die nächste Reise zu buchen. Ich bin mir sicher, dass ich selbst und ganz viele Leser*innen durch das Interview mit dir ganz viel dazulernen und wachsen werden. Danke dir, dass du uns dabei hilfst.

 „Krebs ist was für alte Leute“, das klingt in deinen Ohren sicherlich absolut höhnisch. Denn du hast sehr jung eine Krebsdiagnose erhalten. Uff, das war sicherlich ein harter Schlag ins Gesicht.

Wie kam es zu deiner Diagnose? Gab es im Vorfeld Anzeichen oder kam das ganz plötzlich?

Desi: Die Diagnose im August 2021 war ein Schock. Ich kann mich noch genau an die Worte des Radiologen erinnern, als er mir das Ergebnis mitteilte, das ich bereits selbst anhand der Bilder erahnen konnte – „Sie haben einen Hirntumor.“

Aber nun von vorne:

Das Jahr, in dem Corona noch sehr präsent war, war privat und beruflich sehr anstrengend. Ich hatte mein Referendariat als Sonderpädagogin abgeschlossen und eine feste Stelle an zwei beruflichen Schulen in Freiburg angetreten.

Es war ein sehr heißer Sommer, wir sind umgezogen und ich hatte immer wieder wahnsinnige Kopfschmerzen und Schwindelattacken. Da ich mein Leben lang mit Kopfschmerzen gelebt habe, dachte ich mir zunächst nichts Schlimmes dabei und schob es auf den Stress.

Nachdem die Kopfschmerzen in den Sommerferien jedoch schlimmer statt besser wurden und ich das Gefühl hatte, dass mir permanent gegen jemand den Kopf schlägt, ging ich zu meinem Hausarzt.

Dieser war der Meinung, dass meine Symptome seltsam seien und er mich deshalb sicherheitshalber ins MRT schicken wolle, wo Bilder von meinem Schädel gemacht werden sollen. Ich solle mir aber keine Sorgen machen, das sei eine reine Vorsichtsmaßnahme.

Also radelte ich zum MRT-Termin nach Freiburg, um mir danach einen schönen Tag in der Stadt zu machen. Doch daraus wurde nichts. Nachdem der Radiologe die Bilder mit mir besprochen hatte, wurde ich direkt in die Uniklinik geschickt. Mein Rad sollte ich stehen lassen, da ein epileptischer Anfall aufgrund der Größe des Tumors wahrscheinlich schien. In der Uniklinik wurde der Befund bestätigt und ich wurde direkt stationär aufgenommen.

Annette: In welchem Lebensmoment überrollte dich deine Erkrankung: Wo standest du damals beruflich und auch privat?

Desi: Damals stand ich wie bereits erwähnt in meinem ersten Berufsjahr als Lehrerin. Das erste Jahr war vorbei und ich freute mich auf das zweite, in dem ich von den bisherigen Erfahrungen profitieren konnte. Ich hatte endlich die lange Ausbildungszeit hinter mich gebracht und durfte das tun, was mir so großen Spaß machte.

Ich war der Ansicht, dass ich die Sommerferien für diesen “lästigen Zwischenfall“ nutzen konnte und im September wieder auf der Matte stehen konnte.

Privat hatten wir einen Urlaub nach Südtirol in die Berge geplant. Mein Partner und ich waren beide der Überzeugung, dass wir diesen trotz der Diagnose antreten können. Schließlich sollte der Tumor ja einfach rausgeschnitten werden und dann war die Sache erledigt – dachten wir …

Annette: „Dachten wir“… Ich erahne, dass die Sache mit deinem Tumor dann doch nicht mal eben schnell erledigt war. Wie ging es dann weiter? Wie wurdest du behandelt und wie lange dauerte das?

Desi: Zwischen der Diagnose und der Operation ging alles sehr schnell, wenige Tage nach der Diagnose wurde mir der Tumor in einer achtstündigen Operation entfernt. Nach der OP war dann auch klar, um was für eine Art Tumor es sich handelte: Ich beherbergte wohl schon mehrere Jahrzehnte ein Astozytom WHO Grad 2 in mir, das sehr langsam gewachsen ist.

Nach ein paar Tagen im Krankenhaus durfte ich nach Hause. Dort lernte ich, mir die Strümpfe wieder einbeinig anzuziehen und trainierte mein Gleichgewicht sowie meine Kondition, die beide nicht mehr wirklich vorhanden waren.

Wenige Wochen später trat ich meine AhB (Anschlussheilbehandlung) an. Nach fünf Wochen war ich zumindest körperlich wieder einigermaßen hergestellt.

Den Urlaub haben wir nicht angetreten und auch der Wiedereinstieg in den Beruf hat deutlich länger gedauert.

Annette: Ich bin von Anfang an recht offen mit meiner Diagnose umgegangen. Das ist aber nicht die Regel. Manche weihen nur ihr engstes Umfeld ein, andere sprechen gar nicht darüber.

Wie war das bei dir: Wem hast du davon erzählt? Und… welche Reaktionen hast du erlebt?

Desi: Ich bin ähnlich wie du auch sehr offen mit meiner Diagnose umgegangen. Ich habe nach der überstandenen OP meine beiden Schulleiter kontaktiert und ihnen meinen Fall geschildert. Mir war es ein großes Anliegen, dass das Kollegium ebenfalls den wahren Grund meiner Abwesenheit erfährt, da ich Gerüchte um eine mögliche Schwangerschaft oder ein Burnout verhindern wollte.

Auch mein gesamtes Umfeld war informiert und jeder, der mich fragte, wie es mir gehe, bekam eine ehrlich und offene Antwort. Damit habe ich sicherlich einige überrollt, aber ich wollte mich nicht verstecken.

 Annette: Nach Beendigung deiner Akuttherapie gingst du wieder zurück in deinen Job als Lehrerin. Konntest du leicht wieder in den Berufsalltag an der Schule zurückfinden oder war manches anders oder auch beschwerlicher für dich als vor der Erkrankung?

Desi: Genau, nach gerade einmal sieben Monaten bin ich wieder eingestiegen. Ich habe sehr darum gekämpft, da die Ärzt*innen der Meinung waren, dass es zu früh sei. Doch ich hatte eine riesige Sehnsucht nach Normalität und ich wollte zurück in meinen Job, der mich erfüllte und meinen Alltag strukturierte.

Ich habe großes Glück mit meinen beiden Schulleitungen, die mir den Wiedereinstieg wirklich sehr erleichtert haben. Ich bin zunächst mit sehr wenigen Stunden eingestiegen und war erst einmal nur in beratender Funktion an einer Schule tätig. Das Unterrichten kam dann erst später wieder dazu.

Meine Konzentrationsfähigkeit war deutlich eingeschränkt und ich war viel geräuschempfindlicher als davor, was die Arbeit in der Schule das ein oder andere Mal zu einer echten Herausforderung machten.

Doch ich war glücklich, denn ich war wieder „normal“.

Ich merkte jedoch schnell, dass die Normalität, die ich mir so sehr gewünscht hatte, nicht mehr zu mir passte bzw. ich andere Rahmenbedingungen brauchte. Ich konnte nicht mehr länger als acht Stunden am Stück in der Schule sein und an irgendwelchen Konferenzen teilnehmen.

Ich konnte nicht mehr von einem Termin in den nächsten hüpfen, ich brauchte Pausen und zwar Pausen ohne Menschen nur für mich allein in Ruhe.

Doch wie kommuniziert man dies nach außen, wenn man doch wieder so „normal“ und gesund aussieht, ohne als „faul „oder „unsozial“ abgestempelt zu werden?

Mit der Zeit habe ich meinen Weg gefunden und gelernt, für mich und meine Bedürfnisse einzustehen.

Annette: Liebe Desi, das was du beschreibst, kann ich sehr gut nachvollziehen. Auch ich hatte den Anspruch, direkt nach der Rückkehr wieder die Frau Holl zu sein, die die Schüler*innen, Eltern und meine Kolleg*innen kannten. Doch ich musste feststellen, dass ich die wohl nicht mehr war bzw. nicht in Gänze war. Schön, dass du einen guten Weg für dich finden und den deinen Schulleitungen gegenüber kommunizieren kannst.

….

Aktuell befindest du dich in einer Chemotherapie, weil du ein Rezidiv hast. Hast du mit Nebenwirkungen zu tun?

Desi: Ja, so ist es. Bereits nach der Operation 2021 wurde mir gesagt, dass dieser Tumor bekannt dafür sei, zurückzukommen. Daher hatte ich sehr engmaschige (alle drei Monate) MRT-Termine.

Relativ früh waren “Schatten“ auf den Bildern sichtbar, die jedoch nicht beurteilt werden konnten. Es hieß immer: Es könnte sich um einen Tumorrest handeln, es könnte aber auch Narbengewebe sein.

Also wurde beobachtet…

Im April 2024 war dann wieder einmal eine solche MRT-Kontrolle. Danach war mein damaliger Operateur sehr deutlich und riet zu einer Abklärung mittels Biopsie. Diese brachte dann das Ergebnis: Der Tumor ist zurück. Er hatte sich im Grad verändert und saß nun an einer inoperablen Stelle.

Ich muss sagen, ich war sogar ein bisschen froh, dass nun ein anderer Behandlungsweg gegangen wurde, da es unglaublich anstrengend gewesen war, mich nach der langen OP wieder auf die Spur zu bringen.

Ich war völlig optimistisch und vielleicht auch ein bisschen naiv, da ich den Ärzt*innen glaubte, als sie mir sagten, dass ich aufgrund meiner sehr guten körperlichen Konstitution die Therapie vermutlich gut verkraften würde.

Und im Grund war es auch so. Ich wurde zunächst 33 Tage lang bestrahlt. Da Sport zu einer festen Routine für mich geworden war, behielt ich dies auch während der Therapie bei. Die körperliche Erschöpfung, die wohl zu den typischen Nebenwirkungen gehört, habe ich nur selten gespürt.

Die schlimmste und auch wirklich schmerzlichste Nebenwirkung durch die Bestrahlung war der Haarverlust. Meine Haare fielen mir büschelweise aus. Zum Glück habe ich von Natur aus sehr dicke Haare, sodass ich diese Zeit mit Haarbändern kaschieren konnte.

Der Satz „Es sind doch nur Haare und die kommen wieder.“ war alles andere als hilfreich. Hier möchte ich das Umfeld von Erkrankten gerne sensibilisieren – Seid vorsichtig mit gut gemeinten Aufmunterungen, sie können bei Betroffenen auch das Gegenteil bewirken.

Annette: Danke dir fürs Darauf-Aufmerksam-Machen. Da bin ich voll bei dir. Worte können verletzen. Auch wenn sie im Ansatz gut gemeint sind. Wenn man selbst mal auf der anderen Seite gestanden hat, weiß man, was ein „Sei tapfer.“ Oder „Du bekommst das, was du ertragen kannst.“ bewirken kann. In einem meiner Texte habe ich mich mal damit befasst, was Krebserkrankte gerne hören und gut gemeinten Ratschläge man lieber sein lassen sollte.

Aber nun wieder zu dir, meine Liebe.

Desi: Im Anschluss an die Bestrahlung folgte die Chemotherapie mit Temodal. Seit sieben Monaten nehme ich nun an fünf aufeinanderfolgenden Tagen die Tabletten und habe dann 23 Tage Pause, in der sich mein Körper wieder erholen kann.

Die fünf „Chemo-Tage“ sind eklig, ich habe keinen Appetit und kämpfe mal mehr mal weniger gegen die Übelkeit an.

Fünf Zyklen stehen mir nun noch bevor.

Annette: Wow Desi, du erzählst das hier so locker. Aber als ehemalige Chemopatientin weiß ich, was du mit „ekligen Chemotagen“ meinst. Alles, alles Gute dir weiterhin.

Eulenspiegel _ Scaled Aspect Ratio
Desi entdeckt leidenschaftlich gern die Welt

Annette: Ich habe anfangs gedacht „Oh nein, in eine Selbsthilfegruppe bringt mich keiner.“ Und mittlerweile leite ich eine Gruppe von Jung und Krebs e.V. – wie das Leben manchmal so spielt, gell?

Du bist auch bei Jungs und Krebs und darüber haben wir uns auch kennengelernt, was mich sehr, sehr gefreut hat. Sag, wie bist du zur Selbsthilfe gekommen, was bedeutet sie für dich? Und warum würdest du sie anderen Betroffenen empfehlen?

Desi: Meine Schwester hat mir von ihrer Nachbarin erzählt, die in dem Verein ist und sich dort sehr wohlfühlt. Also habe ich kurzerhand ebenfalls Kontakt aufgenommen. Das war in einer Zeit, in der es mir psychisch sehr schlecht ging.

Wenn ich mich mit Gleichgesinnten austausche, spüre ich sofort, wie ein Gewicht von meinen Schultern fällt. Es tut so gut, in einer vertrauensvollen Umgebung meine Gedanken und Gefühle zu teilen. Jeder bringt seine eigenen Erfahrungen mit, und zusammen finden wir neue Perspektiven.

Die Unterstützung, die ich erhalte, stärkt nicht nur mein Selbstbewusstsein, sondern lässt mich auch erkennen, dass ich nicht alleine bin.

Die Gespräche sind oft befreiend und inspirierend – sie geben mir Kraft, an mich selbst zu glauben und Schritte in die richtige Richtung zu gehen. Selbsthilfe ist für mich ein wertvoller Weg, um zu wachsen und mein inneres Gleichgewicht zu finden.

Selbsthilfe ist für mich einfach nur wohltuend. Ich muss mich nicht großartig erklären, sondern werde verstanden und genau deshalb möchte ich sie anderen Betroffenen wärmstens ans Herz legen.

Was mich immer wieder fasziniert ist, dass in den Treffen mit teils unbekannten Menschen eine Tiefe in Gesprächen erreicht werden kann, die sonst nur mit sehr, sehr guten Freund*innen möglich ist.

Annette: Schön, dass dir die Selbsthilfe so viel gibt und du selbst so viel für die Selbsthilfe gibst. Du organisierst und machst und tust. Einfach toll! Außerdem nimmst du an vielen Gemeinschaftsaktionen von Jung und Krebs e.V. teil. Bei so einer Aktion, nämlich einer Alpaka-Wanderung, haben wir uns uns kurz nach dem Start deiner Chemotherapie.

Da bist du locker-lässig mit uns allen mitmarschiert. Das machte mir in dem Moment wieder mal  klar, dass eine Krebserkrankung so viele Facetten hat. Es gibt die guten Tage, an denen man körperlich Bäume ausreißen könnte, aber auch die, an denen man sich vor Schmerzen krümmt. Es gibt die, an denen man mental stark und fröhlich lachend umherzieht und die, an denen man sich heulend auf dem Sofa verkriecht.

Wie oder von wem holst du dir an unguten Tagen Kraft und Unterstützung? Was lässt dein Herz warmwerden, wenn es dir eigentlich mies geht?

Desi: Ich habe das Glück, meine tolle Familie ganz in meiner Nähe zu haben. Sie und mein Partner sind diejenigen, die mir in solchen Momenten Kraft geben, mit mir weinen, schimpfen oder aber mich ablenken und mich daran erinnern, wie schön das Leben sein kann.

Annette: Oh wie wundervoll. Ein Hoch auf deine Familie! Und auf alle Angehörigen, die Krebspatient*innen begleiten, stützen und stärken. Danke euch. Ihr leistet Unfassbares.

…..

Vielleicht erinnerst du dich noch… Du hast mir mal vom Spruch einer Person erzählt, und zwar „Jede/r bekommt nur das, was sie/er auch tragen kann.“ Sicherlich war das von der Person liebevoll und ermutigend gemeint, allerdings ging das gründlich schief, denn du meintest, dass dich das ziemlich geärgert hat.  

Hast du einen Tipp, was Menschen stattdessen sagen oder auch ganz konkret tun können, um ihre Anteilnahme zu zeigen?

Desi: Oh ja, das war wirklich ein Schlag ins Gesicht! Ich habe gelernt, dass die Krebserkrankung für mein Umfeld sehr viele Unsicherheiten mit sich bringt und viele einfach nicht wissen, wie sie reagieren sollen.

Aber man muss meiner Meinung nach auch gar nicht viel sagen. Schön finde ich, wenn mein Gegenüber die Fassungslosigkeit zum Ausdruck bringt und zugibt, dass es nun gerade gar nicht weiß, was er sagen soll.

Annette: Ja, damit hast du völlig recht. Es ist ok, wenn das Gegenüber nicht weiß, wie er damit umgehen soll. Dann dies lieber ehrlich kommunizieren als etwas von „Also ich könnte das ja nicht…“ zu sagen.

….

Seid vorsichtig mit gut gemeinten Aufmunterungen, sie können bei Betroffenen auch das Gegenteil bewirken.
- Tipp von Desi, Krebspatientin

Annette: Desi, nun wird es sehr persönlich, vielleicht zu persönlich…. Aber ich wage es dennoch… Desi, du bist noch sehr jung, hast einen Freund, keine Kinder. Sind eigene Kinder für dich ein Thema oder wurde dir diese Möglichkeit durch deine Erkrankung genommen?

Desi: Ich wollte schon immer eigene Kinder haben, seit der Erkrankung blicke ich allerdings anders auf dieses Thema. Grundsätzlich habe ich noch immer die Chance, Mutter zu werden, da meine Chemotherapiemedikamente im Gegensatz zu anderenkeinen Einfluss auf meine Eierstöcke haben.

Dennoch bin ich nicht mehr ganz so unbeschwert. Will ich Kinder in diese Welt setzen mit dem Wissen, dass mein Krebs jederzeit zurückkommen kann und sie im schlimmsten Fall ohne ihre Mutter aufwachsen???

Ich weiß, dass auch eine vermeintlich gesunde Frau nie weiß, was mit ihr passiert, dennoch ist die Krankheit natürlich sehr präsent und allgegenwärtig in meinem Kopf.

Annette: Danke für deine Ehrlichkeit. Es ist sicherlich nicht leicht. Aber ich denke, du wirst irgendwann spüren, ob es passt oder nicht. Alles Gute auf deinem und eurem Weg.

Zum Schluss fände ich es schön, wenn du andere Betroffenen noch etwas an deiner Krebserfahrung teilhaben lassen würdest. So bekommt der leidige Mist zumindest halbwegs Sinn…

Diese „Zauber-Mittelchen“ gegen die Nebenwirkungen einer Chemotherapie haben mir geholfen…

Gegen die Übelkeit helfen mir die SeaBands (Akupressurbänder), die z.B. auch für die Schwangerschafts- oder Reiseübelkeit verkauft werden und gaaaaaanz viel Ingwer- und Pfefferminztee.

Für lange Wartezeiten in Arztpraxen oder auf Klinikstationen…

hab ich immer mein Handy dabei.

Dieses Buch, diesen Podcast oder auch diese Filmserie würde ich Krebspatient*innen empfehlen…

Von Susanne Thiems Buch „Krebs ist kein Smalltalk – Worte finden, wenn sie fehlen“ bin ich mehr als begeistert. Sie schreibt mir aus der Seele.

Annette: Ach ja, die liebe Susanne war auch schon mal zu Gast bei mir und über ihr Buch haben wir erst neulich einen Buchtalk gehalten. Es freut mich sehr, dass dir ihr Buch so gut gefällt. Auch ich finde es mehr als genial. 

Liebe Desi, hab’ vielen Dank für deine Zeit und für dieses Interview. Deine Geschichte rührt mich zu Tränen. Vor Wut, weil du doch noch so jung bist, aber auch voller Respekt und Ehrfurcht vor dir und deiner Lebensfreude. Ich danke dir von ganzem Herzen dafür, dass du sie hier auf meinem Blog geteilt hast, obwohl du sonst gar nicht so social-media-internet-mäßig unterwegs bist. Sie ist unfassbar wichtig für andere Betroffene.

Ich freu´ mich auf unser nächstes Treffen, vielleicht beim Bowlen in Freiburg oder beim Walken am Schluchsee? Wer weiß, was ns JUKler*innen einfällt? Bis dahin wünsche ich dir alles, alles Gute.

 

Interviews mit anderen Mitgliedern von Jung und Krebs e.V. findet ihr hier:

Annette fragt… Carsten Witte, Gründer und Vorstand von Jung und Krebs e.V.

Annette fragt… Markus Hotz von Jung und Krebs e.V., der mit mir zusammen das Team Wutachtal leitet

Annette fragt… Marvin Kässheimer vom Team Wutachtal

Annette fragt… Carmen Dietsche vom Team Freiburg

Hier geht’s zu den anderen schon veröffentlichten Interviews aus der Reihe “Annette fragt…”.

Selbsthilfe ist für mich ein wertvoller Weg, um zu wachsen und mein inneres Gleichgewicht zu finden.
- Desi, Mitglied von Jung und Krebs e.V.

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