Krebs – Liebe – Punkt NULL
18.Juni 2022 – Dieser Samstag veränderte mein Leben
Samstag, 18. Juni 2022 – diesen Tag werde ich nie wieder vergessen. Diese Diagnose war für mich ein Schock und eine Erlösung zu gleich. Nun wusste ich endlich, was mit meinen Körper los war und warum ich immer schwächer wurde und beinahe den Kampf aufgegeben hätte.
Einige Tage später, habe ich diesen Tag Revue passieren lassen und in mein Tagebuch folgendes eingeschrieben:
Kurz vor 10 Uhr kam die Ärztin und sagte mir, dass das Ergebnis von der Biopsie da sei. Sie fragte mich, ob ich noch auf Papa warten will oder das Ergebnis gleich wissen möchte. Natürlich war ich etwas beunruhigt und wollte wissen was los ist. Sofort, ohne zu warten.
Die Ärztin sagte mir, dass ich ein Lymphom habe, welches gut behandelbar ist. Kurzer Schock. Stille. Planlosigkeit. In meinem Körper war einfach nur Leere. Ich denke, sie hat mir auch noch kurz was zur Therapie erklärt, aber das war Nebensache Ich kann mich daran nur mehr sehr verschwommen erinnern.
Eine Frage, welche ich sofort stellte: “Wie soll ich das jetzt meiner Familie sagen?“
Ehrlich sein, hat mir die Ärztin geraten. Danach bin ich einfach nur in Tränen ausgebrochen. Die Ärztin hat sich zu mir ins Bett gesetzt und mich in den Arm genommen. Das tat in dem Moment einfach so gut. Angefühlt hat es sich, als wäre sie eine gute Freundin. Sie hat mir auch angeboten, dass sie es meinem Papa sagen kann, wenn ich das möchte.
Die Zeit bis Papa da war, war schrecklich. Es waren nur ein paar Minuten, welche mir wie mehrere Stunden vorkamen.
Die Türschnalle ging runter, Papa war da. Meine Reaktion:“ Hallo Papa, ich habe Krebs, ein Lymphom. Es ist gut behandelbar.“ Er nahm mich sofort in den Arm und stärkte mich, dass wir das schaffen. Danach haben wir uns ins Bett gesetzt und wir haben beide Arm in Arm geweint. Wie dankbar bin ich, dass Papa einfach für mich da war und er mich sofort stärkte. Er ist ein wahrer Superheld.
Die Ärztin hat dann auch noch mit meinem Papa gesprochen und ich konnte dann leider nicht einfach nach Hause gehen. Die Pläne änderten sich an dem Tag gefühlt von Minute zu Minute. Es wurden Blutabnahmen gemacht und der Oberarzt hat mir unbedingt dazu geraten in der Klinik zu bleiben, was für mich aber keine Option war.
Ich ließ noch ein paar Untersuchungen durchführen und teilte den Ärzt*innen dann klar und deutlich mit, dass ich das Krankenhaus heute noch verlassen werde. Meiner Familie und den engsten Freunden wollte ich diese Diagnose einfach persönlich sagen. Deshalb habe ich einen Reverse unterschrieben in dem unter anderem folgendes stand:„mögliche gesundheitliche Schädigungen: Bei Lymphom am Myelom im HWS Bereich droht gegebenenfalls ein hoher Querschnitt mit entsprechenden Konsequenzen, Atemstillstand bis hin zum Tod.“
Komisches Gefühl so etwas zu unterschreiben aber ja. Ich habe meinen Körper ganz anders wahrgenommen. Aber dieses Risiko war es mir wert.
Das war ein kleiner Ausschnitt von meinem Tagebucheintrag, danach folgte noch etwas ganz Schwieriges für mich: Den engsten Vertrauten diese Diagnose zu sagen. Ich hatte mehr Angst vor diesen Reaktionen, als um mein Leben. Zuerst habe ich meine Familie darüber aufgeklärt, dann meine engsten Freundinnen und mit ihnen ganz offen gesprochen. Es hat mir das Herz gebrochen, sie alle wegen mir weinen zu sehen. Natürlich habe auch ich geweint, aber ich bin dennoch stark geblieben. Ich hatte an dem Tag trotz der Diagnose so eine Stärke in mir. Nach 2,5 Wochen Krankenhausaufenthalt hat mir diese kurze Zeit zu Hause extremst viel Kraft gegeben.
Was für mich an dem Tag sehr beängstigend war, wenn jemand bei meinem Hals angekommen ist. Ich hatte Angst, dass irgendetwas Schlimmes passieren könnte. Unter anderem hat es sich so angefühlt, als würde mein Hals nicht zu mir gehören. Dieses Lymphom, welches dort tastbar war, hätte mir fast das Leben gekostet. Und der Gedanke daran war einfach nur schrecklich.
Allen anderen Personen, mit denen ich in Kontakt stand, ich aber nicht alle persönlich treffen konnte, schrieb ich einen Tag später eine Nachricht über meine Diagnose. Es war mir wichtig, die Nachricht, trotz der schlimmen Diagnose, möglichst positiv zu formulieren. Das dürfte mir laut den Rückmeldungen auch ganz gut gelungen sein.
Hier ist die Nachricht:
Das ist wohl eine der schwierigsten Nachrichten, die ich je in meinem Leben verfasst habe. Nach Jahren der Ungewissheit habe ich nun eine Diagnose. Eine Diagnose, die besser sein könnte. Ich habe gestern erfahren, dass ich ein Lymphom habe. Dies ist gut behandelbar, also wird alles wieder gut. Es stehen jetzt ein paar harte Monate vor mir, aber ich schaffe das und danach geht es mir wieder gut. Den genauen Plan bezüglich Chemotherapie bekomme ich noch. Heute war ich für eine Nacht zu Hause, um die Zeit mit meinen Liebsten zu verbringen und es hat mir ganz viel Kraft gegeben. Seit heute bin ich wieder im AKH auf der Station 16 J, sie schauen alle gut auf mich und helfen mir dies gut zu überwinden.
Am Sonntag, den 19.6.2022 brachten mich meine Eltern dann wieder ins AKH. Es wurden neurologische Untersuchungen durchgeführt und auch ein MRT wurde gemacht. Von dem Tag an ging dann alles ganz schnell. Da ich ein aggressives B-Zelll Lymphom hatte, musste so rasch als möglich mit den Therapien begonnen werden. Für Eizellen einfrieren war keine Zeit mehr, weshalb ich Hormonspritzen bekam. Es folgten Aufklärungen, jeden Tag Untersuchungen und am Montag, also schon zwei Tage nachdem ich von der Diagnose erfahren habe, wurde mit einer Vorphase aus Kortison und einem leichten Chemotherapeutika begonnen, damit sich mein erhöhter Gehirndruck zurückbildet. Diese Vortherapie bekam ich fünf Tage lang. Für meine Therapien hatte ich bereits einige Tage zuvor einen PICC-Katheter bekommen, da meine Venen immer schlechter wurden und deshalb wurde ein zentraler Zugang geschaffen.
Durch diese einwöchige Vortherapie merkte ich schon, wie mein Lymphom begann sich zu verkleinern. Ich hatte fast keine Symptome mehr, meine Lymhknotenschwellung ging zurück, ich konnte wieder lachen und auch der Appetit kam zurück.